LeserInnenbriefe
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Marx hat recht

betr.: „Eine Qual? Nein, ein Epos“, 4./5. 2. 17

Es stimmt. Marx hat nichts an Aktualität eingebüßt. Dass er mit der Verelendung des Proletariats daneben lag, stimmt hingegen nicht. Maßstab hierfür können im Jahre 2017 allerdings nicht die Ururenkel der Textilarbeiter in Manchester sein, sondern die NäherInnen in Bangladesch, die Kinder auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste, die Bergleute im Kongo und so fort. NILS WIEMER, Sankt Augustin

Das Anbeten roher Gewalt

betr.: „Echte Hiebe“, 6. 2. 17

Ekelhafte Szenen spielten sich am Wochenende im Dortmunder Stadion ab bei dem sogenannten Fußballspiel Dortmund gegen Leipzig. Doch mit Fußball hat das besoffene Machogehabe schon lange nichts mehr zu tun. Stattdessen entfalten Jungmänner meterlange Schriftbanner mit üblen Beschimpfungen des Gegners, mit nicht hinnehmbaren persönlichen Beleidigungen des Leipziger Trainers – und die Kameras filmen den Skandal voyeuristisch ab. Die Vereinsverantwortlichen heucheln Betroffenheit, der DFB untersucht, und nichts weiter passiert.

Wie wäre es denn, wenn ein Spiel so lange unterbrochen wird, bis diese Schriftbanner komplett entfernt sind? Die Fernsehkameras eben genau das nicht zeigen – und wenn sich nichts ändert, wird das Spiel halt abgebrochen. Wenn 80.000 Besucher wütend wieder nach Hause müssen, ohne was gesehen zu haben, dann sollte sich doch was ändern. Und niemand läuft mehr den eigenartigen Hooligans hinterher mit klammheimlicher Freude.

Ich mag Fußball sehr – doch habe ich diese Prügelszenen, das folgenlose Betroffenheitsgejammer und das religionsähnliche Anbeten von roher Gewalt so was von satt. Ich werde nichts mehr ansehen. Uwe Barkow, Frankfurt am Main

Impressionen und Dönekes

betr.: „Taumel und Euphorie“, 4./5. 2. 17

Beim Sonntagsfrühstück las ich den Reisebericht Henning Kobers über Nicaragua. Zwischen Impressionen und Dönekes gibt es eine Menge politische Diffamierung und negative Anspielung ohne Information, Beleg, Argument. Dafür unausgesprochene Unterstellungen und Vergleiche; unbelegte Behauptungen in Frageform; unbewiesene Gerüchte und eine wabernde, unkonkrete Bedrohungsatmosphäre wird erzeugt. Ich bin kein Ortega-Fan, schätze jedoch seriösen Journalismus. In diesem Artikel finde ich ihn nicht. CHRISTINE GRAB, Schönau

Ordentlich verrannt

betr.: „Die Sicherheit“, 4./5. 2. 17

Da hat sich Frau Halser aber mal ordentlich verrannt mit ihrem Statement, Ordnung sei die Vorstufe zur Hölle vor allem für weniger privilegierte Menschen. München ist die sicherste Millionenstadt in Europa, vieles funktioniert hier sehr ordentlich und in der Regel zuverlässig, die Stadt ist vergleichsweise sauber (abgesehen von den Müllbergen grillwütiger Menschen an der Isar), zudem geht es vergleichsweise friedlich zu. Was soll daran bitte verkehrt sein? Fühlen sich unterprivilegierte Menschen im Chaos (zum Beispiel Berliner Behördenchaos) sicherer?

Sicher ist München immer schon Polizeistadt, gleichzeitig ist sie wichtiger Bestandteil der Sicherheitskultur Münchens. Soziale Kontrolle statt bewaffneter Einheiten wäre eine sinnvolle Alternative, weil das Wegschauen vieler der größte Sicherheitsmangel ist. Gemütlich ist München übrigens seit langer Zeit nicht mehr, seit man hier in einen Hochleistungs- und Effizienzmodus übergegangen ist. JOCHEN RÖGELEIN, München

Hochinteressant und differenziert

betr.: „Mehr als nur ein ,Israelkritiker‘“, 9. 2. 17

Ich habe in Bonn einen Vortrag vom Professor Farid Esack zum Thema „Israel – Apartheit – Südafrika – Wie gültig sind Vergleiche?“ gehört und muss feststellen, dass seine Ausführungen hochinteressant, differenziert und von der Maxime der Humanität und Menschenrechte geprägt waren. Von der Idee des Antisemitismus hat er sich genau wie von anderen Ismen klar und souverän distanziert. Allerdings hat er keinen Zweifel daran gelassen, dass er die fast 50 Jahre dauernde Unterdrückung und Entrechtung des palästinensischen Volks durch die israelische Regierung entschieden verurteilt und bekämpft – mit friedlichen Mitteln, zu denen auch Boykottaktionen gehören. Peinlich und unerträglich ist für mich das Verhalten von Volker Beck, der mit haltlosen Unterstellungen die Gastprofessur Esacks in Hamburg zu hintertreiben versucht. Rainer Kandler,Bonn