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Unter dem Asphalt …

Tourismus Der Bezirk Altona diskutiert über einen Fahrradweg, der mitten über den Elbstrand führen soll. In den Neunzigern hatten AnwohnerInnen das verhindert

Ende der Idylle? Hier könnte bald eine Betonpiste über den Strand führen Foto: Markus Scholz/dpa

von Katharina Schipkowski

Schwer vorstellbar bei winterlichen Temperaturen, aber an Sommertagen drängeln sich Hunderte HamburgerInnen vor der Strandperle und dem Elbkiosk, trinken Alsterwasser und liegen in der Sonne. Das Bild vom Övelgönner Elbstrand könnte bald anders aussehen, denn die Altonaer Bezirksversammlung hat eine alte Idee wieder ausgegraben: einen Radweg, der mitten über den Sandstrand führen soll.

Der 900 Meter lange Sandabschnitt zwischen dem Museumshafen und dem Findling stellt eine Lücke im europäischen Fernradwegenetz dar. Der Elberadweg, der von Tschechien nach Cuxhaven führt, ist Teil des Nordseeradwegs, der kreisförmig durch sechs Länder verläuft. Die Lücke in Övelgönne steht Hamburg nicht gut, finden einige. „Die Unterbrechung des Weges im Bereich Övelgönne stellt einen Missstand für Fahrradfahrer, Fußgänger und Anwohner im westlichen Stadtgebiet dar“, schreibt die Bezirksversammlung in einer Mitteilung. „Die Schließung der Lücke hätte eine überregionale Bedeutung.“

Für die AnwohnerInnen der Häuser und Gärten direkt oberhalb des Sandstrands würde der Radweg eine Entlastung bedeuten. Auf dem schmalen Fußweg zwischen den alten Lotsenhäusern und den Gärten ist es im Sommer immer voll und Fahrradfahren ist eigentlich verboten, aber nicht alle halten sich daran. Schon in den 90er-Jahren wurde diskutiert, dort einen Radweg zu bauen. Der damalige Entwurf sah allerdings vor, einen Teil der Gärten zu nutzen. Die AnwohnerInnen stellten sich quer.

Der neue Entwurf sieht vor, statt der Gärten einen Teil des Strands zu opfern. 5,90 Meter breit soll der Betonstreifen sein und an der Mauer entlang laufen, die den Strand zu den Gärten hin abgrenzt. An den beiden Restaurants Strandperle und Elbkiosk würde das allerdings nicht funktionieren. Dort würde der Radweg in Form einer Ausbuchtung zwischen den Lokalen und dem Wasser verlaufen.

Der Nordseeküstenradweg

ist ein 5.942 Kilometer langer Fernradweg. Er verläuft durch die Niederlande, Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Großbritannien.

Zwischendurch muss man allerdings an drei Stellen absteigen und die Fähre nehmen – oder eben schieben, weil der Övelgönner Elbstrand dazwischen liegt.

Der Elberadweg ist ein 1.260 Kilometer langer Abschnitt des Fernradwegs und führt von Tschechien nach Cuxhaven.

„Wir haben auch von Anwohnern viele positive Reaktionen bekommen“, sagte Bezirksamtssprecher Martin Roehl. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) fordert den Lückenschluss schon lange. Warum sich Hamburg so lange diese Lücke geleistet habe, hält deren Sprecher Dirk Lau für „nicht nachvollziehbar“. Zwar könnten die Radfahrer auch an der Elbchaussee entlang fahren, gab er zu. Aber unten sei es natürlich schöner. „Das ist eine gute Maßnahme, den internationalen Tourismus zu fördern“, sagte er.

Auf die Tagesordnung der Bezirksversammlung hatte die grüne Abgeordnete Eva Botzenhart das Thema gesetzt. Als Grund dafür nannte sie die „Problemlage vor Ort“, das Gedrängel auf dem schmalen Fußweg vor den Lotsenhäusern. Die CDU, die FDP und die Linkspartei lehnen den Vorschlag ab. Die Kosten für den aktuellen Entwurf werden auf 1,9 Millionen Euro geschätzt – „Wahnsinn für einen 900 Meter langen Fahrradweg“, findet die CDU-Abgeordnete Antonia Niecke. Die SPD bat um Bedenkzeit. Das Thema wird am 20. Februar erneut im Verkehrsausschuss verhandelt.

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