„Sie hat den Mut zur Macht“

Mirjana Boric hat den Bremer Ableger des Karrierenetzwerks „femmes géniales“ ins Leben gerufen. Ein Interview über weibliche Seilschaften, Kernkompetenzen, Treffen bei Vollmond und die Frage, ob Angela Merkel eine geniale Macherin ist

taz: Sie haben vor einem Jahr den Bremer Ableger des Netzwerks „femmes géniales“ gegründet. Was ist eine femme géniale?

Mirijana Boric: Eine Frau, egal ob 26 oder 62, die kreativ, originell und leistungsstark ist, die geniale Ideen hat und den Gedanken in sich trägt: Gemeinsam kommen wir weiter.

Was trennt „femmes géniales“ von anderen Netzwerken?

Der Unterschied für mich liegt in den kurzen Wegen – und das in ganz Deutschland. Und die Frauen bei uns wissen ganz genau, was sie suchen und was sie bieten, unabhängig von einem Titel auf der Visitenkarte. Wir treffen uns alle vier Wochen, immer wenn Vollmond ist. Denn Vollmond ist immer an einem anderen Wochentag.

Beim Stichwort Netzwerk fällt einem ja oft das ein, was anderswo Seilschaft heißt.

Der Unterschied zur Seilschaft ist der, dass wir das Ganze mit Spaß machen. Bei den Männern wird vieles sehr ernst genommen oder sogar bierernst.

Also eine Seilschaft, die Spaß macht?

Nein. Seilschaften haben etwas Mühevolles. Ein Seil verbindet A mit B, aber nicht in der Waagerechten, sondern in der Senkrechten. Das hat für mich mehr den Charakter: Ich hänge mich daran und versuche mühsam, nach oben zu klettern. Ich suche mehr nach Querverbindungen.

Man trifft sich, um miteinander Geschäfte zu machen?

Was ist anrüchig daran, sich hinzustellen und zu sagen: Das sind meine Kernkompetenzen. Wir bieten dafür eine Plattform, eine Möglichkeit der Präsentation.

Ist das ein Netzwerk nur für Frauen?

Häufig – wir organisieren aber auch gemeinsame Veranstaltungen. Da kommen dann nicht speziell die Männer, die eine Lebenspartnerin suchen. Oft sind es Unternehmer, die viele Mitarbeiterinnen beschäftigen und verstehen wollen, wie frau tickt.

Würden sie Angela Merkel als Mitglied aufnehmen?

Warum sollte ich nein sagen?

Ist sie eine „femme géniale“?

Sie ist genial, weil sie mutig ist. Sie hat den Mut zur Macht.

Ist sie ein Vorbild?

Für viele Frauen ja. Sie zeigt, dass machbar ist, was frau sich selbst zutraut.

Wie stehen sie zu dem Umgang, den Gerhard Schröder und andere nach der Wahl mit Angela Merkel pflegten?

Das ist Krampf. Das ist ein Ausdruck dafür, dass viele Menschen nicht den Mut haben, zu sagen, was sie erreichen wollen.

Fürchten Sie angesichts der Arbeitslosigkeit einen Rollback unter der Devise: Frauen zurück an den Herd?

Ich wünsche mir, dass wir die Idee der Vollbeschäftigung neu denken. Das ist ein Zustand, den wir nie wieder erreichen werden. Mich interessiert im Moment mehr ein neues Denkmodell – das Grundeinkommen. Ist es möglich, dadurch Ruhe zu schaffen und Menschen selbst die Entscheidung zu überlassen, ob sie arbeiten wollen oder nicht?

Müssen Frauen immer noch die besseren Männer werden?

Ich glaube, dass ist ein Bild, das Frauen manchmal noch verinnerlicht haben – und es wäre hilfreich, wenn sie dieses loslassen würden. Wir sind Frauen und nicht die besseren Männer.

Interview: Jan Zier