Berliner Szenen: Fünf Tote am Waldrand
Komische Namen
Es war ein schöner Wintertag und Wochenende. Das Thermometer zeigte null Grad an, der Himmel war strahlend blau. Ideale Bedingungen für einen Spaziergang. Möglicherweise lag es an der klaren Winterluft, die meinen Blick schärfte. Jedenfalls sprangen mir alle naselang falsch geschriebene Wörter ins Auge. Vor einem asiatischen Lokal in der Warschauer Straße wurde auf einer Tafel auf dem Gehweg „Gabratenes Hühnerfleisch“ und „Erdnüss Soße“ angeboten. Ein vietnamesisches Lokal in der Grünberger Straße warb mit „warm essen“ und „gebraten Eier“. Auf die verdreckte Frontscheibe eines Autos hatte jemand orthografisch korrekt „Caught Robin“ geschrieben.
Dann fielen mir all die seltsamen Namen auf, die Inhaber ihren Geschäften geben, um vermeintlich originell zu sein. Ein Laden, in dem wahrhaft keine besonders originellen Souvenirs und Klamotten verkauft werden, nennt sich „Freak Out“. In einem Geschäft namens „Workaholic“ werden Kleidung und elektronische Musik angeboten. Im „Darkstore“ können sich Anhänger der Gothicszene einkleiden.
Nach einer Stunde hatte ich genug und machte mich auf den Heimweg. Da fiel mir die kleine Bar auf, die wohl schon vor einiger Zeit gegenüber von dem Haus, in dem ich wohne, eröffnet hat und die ich bisher nicht beachtet habe. Sie trägt den seltsam lustigen Namen „Migi Würsch“, auf den ich mir keinen Reim machen konnte. Die Namen der Cocktails, die draußen angeschrieben waren, klangen ähnlich vielversprechend: „Fünf Tote am Waldrand“ hieß ein Getränk, dessen Name auf eine Kurzmeldung in einer Zeitung zurückgehen könnte. Der zweite angeschriebene Cocktail hatte den irren Namen „Plemm Plemm Brother“. Ich freute mich, dass dem schönen Wort „plemplem“ solch ein Denkmal gesetzt wurde, und ging zufrieden nach Hause. Barbara Bollwahn
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