LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Antiemanzipatorischer Film

betr.: „Liebeserklärung. Toni Erdmann“, taz vom 28. 1. 17, „Du bist nicht allein!“, Leserinbrief, taz vom 3. 2. 17

Auch ich kritisiere den Film. Das Alleinleben der jungen Frau wird als frustrierend dargestellt. Ihre Arbeit in einer verantwortungsvollen Position als repressiv. Ja, welches entmutigende Bild zeichnet dieser Film von dem Leben einer berufstätigen Frau. Nun rät man den Frauen allerseits, gute Positionen im Beruf anzustreben – und dann bewertet man ihre Anstrengungen derart negativ. Die Vater-Tochter-Beziehung zeigt darüber hinaus keine positiven Aspekte. Der Vater kann die Tochter nicht loslassen! Er verurteilt ihren Lebensweg. Er mischt sich störend in ihr Leben ein. Bearbeitet sie zum Schluss auch noch, wieder in ihren Heimatort zurückzukehren. Das soll nun die Lösung sein?

Nein! Dieser Film ist antiemanzipatorisch! Preise hat er nicht verdient. RITA ROSEN, Wiesbaden

Wunderbare kleine Details

betr.: „Liebeserklärung. Toni Erdmann“, taz vom 28. 1. 17, „Du bist nicht allein“, taz vom 3. 2. 17

Ich finde es ungewöhnlich, dass eine Tageszeitung Leserbriefe zu Kinofilmen erhält, aber bitte. Dann hier noch eine Lanze für Tony Erdmann.

Zunächst hatte ich den Film auch langweilig gefunden, dann aber gemerkt, dass er mich irgendwie berührt hatte, und ihn noch mal geguckt. Ich sah eine Frau, die irgendwie weltentfemdet in einer seelenlosen Businesswelt lebt, und einen Mann, den Vater, seinerseits weltfremd, der sein Heil in lustigen Kostümierungen sucht. Keine Verbindung zwischen ihnen. Bis sie gemeinsam auf einem Fest landen, der Vater seine Tochter bittet, „zumindest das hier höflich zu Ende zu bringen“, sich ans Klavier setzt und die Tochter dazu auf eine fast unhöfliche Weise den Song „The greatest love of all“ schmettert – eine Schlüsselszene.

Denn danach ist nichts mehr wie vorher. Sie fällt aus der Rolle, indem sie sich vollkommen entblößt, er verliert sich in eine Rolle, indem er sich bis zur Unkenntlichkeit verkleidet – und endlich finden die beiden zusammen.

Das ist rührend komisch und rührend traurig. Und seine Größe entfaltet dieser Film in wunderbaren kleinen Details, für deren Entdeckung man den Film vielleicht tatsächlich zweimal gesehen haben sollte. Doch ich habe gelernt: Manche Menschen sehen Filme vor allem ergebnisorientiert. Und dann können auch große Filme sehr, sehr langweilig sein.

DORIS ALFERT-KRÄMER, Bremen

Aus den Augen, aus dem Sinn

betr.: „Niemand dürfte dort festgehalten werden“, taz vom 6. 2. 17

Ich frage mich, ob die europäischen Regierungschefs auch in diesen Flüchtlingslagern, zum Beispiel in Libyen, leben würden, wie sie es von den Flüchtlingen verlangen! Libyen ist weder ein sicheres Herkunftsland noch ist es aus humanitären Gründen geeignet, die nicht wenigen Flüchtlinge vernünftig unterzubringen! Die europäischen Länder reagieren ganz nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn! Wer wirklich was für die Flüchtlinge tun will, der sollte den Ursachen auf den Grund gehen und nicht seine Augen vor den Problemen verschließen! RENÉ OSSELMANN, Magdeburg

Wer hat gewonnen?

betr.: „In die Offensive fliegen“, taz vom 6. 2. 17

Bundesdeutscher Chauvinismus zeigt sich wieder einmal in der Berichterstattung über das Skifliegen in Oberstdorf. Da wird zwar mitgeteilt, welche Plätze die deutschen Springer erzielt haben, aber eine Information darüber, wer gewonnen hat, sucht man vergebens. Das geht mir als Österreicher natürlich quer runter – ein solcher war es nämlich.

ROLAND RÖSSLER, Bielefeld

Linke Gefühlsidentität

betr.: „Verrat an den türkischen Demokraten“, taz vom 3. 2. 17

Ein Besuch einer Regierungschefin bei einem Präsidenten eines anderen Landes bekommt immer auch eine Bedeutung für andere, die erst mal nichts mit den Anlässen und Gesprächsgegenständen des Besuchs zu tun haben. Und sicher gibt es „demonstrative Besuche“ etc. Nach diesen Kriterien einen Staatsbesuch zu betrachten, ist legitim. Aber es ist irreführend, wenn ein Besuch ausschließlich nach Kriterien beurteilt wird, um die es nicht in erster Linie geht. Ein Regierungschef muss sich grundsätzlich mit jedem anderen Regierungschef treffen können, ohne daran gemessen zu werden, ob er dies oder jenes dabei symbolisch legitimiert. Und dann auch noch „Verrat an türkischen Demokraten“. Aus verständlicher linker Gefühlsidentität wird so linker Populismus, und der ist leider allgemein ein großes Hindernis bei der Findung von Alternativen.

BURKHART BAUNBEHRENS, Ebertsheim

Anrührender Artikel

betr.: „Unbezahlbare Leichtigkeit“, taz vom 6. 2. 17

liebe franziska hauser, haben sie vielen dank für diesen anrührenden artikel. er fasst auf beinahe poetische weise erfahrungen zusammen, die sicher viele eltern und vor allem alleinerziehende mütter gemacht haben. und beinahe sofort ist sie wieder aktuell, die inzwischen nicht mehr ganz so taufrische idee vom bedingungslosen grundeinkommen. MARCUS NEUERT, Minden