Der Wochenendkrimi
: Eine Art Knochenjäger

„Tatort: Borowski in der Unterwelt“, So., 20.15 Uhr, ARD

Irgendwas bleibt immer. Ein Finger mit Ehering oder eine Schädelplatte sowie natürlich Herzschrittmacher und Implantate aller Art. Dabei hat Pfarrer Benz (Uwe Bohm) Schwerstarbeit geleistet. Erst zerstückelte er all die leblosen Körper in Wannen, dann legte er die Einzelteile in Säurefässer, und deren Inhalt ließ er schließlich in die Kanalisation sickern. Später wird der Geistliche bei Kommissar Borowski (Axel Milberg) vorstellig, um sich als Mörder jener Menschen zu präsentieren, deren Leichenteile die Polizei aus dem Abwasser gefischt haben. Ist Pfarrer Benz ein Serientäter, der endlich seine Genialität gewürdigt sehen will? Oder ist er ein Psychopath, der sich ins Gefängnis sehnt, um nicht mehr seinem verheerenden Trieb ausgesetzt zu sein? Oder ist er einfach nur ein müder katholischer Gottesmann, der auch mal die Absolution erfahren will, die er den Sterbenden in seiner Gemeinde erteilt? Schauen wir mal, der unvoreingenommene Blick lohnt auf jeden Fall.

„Borowski in der Unterwelt“ ist zwar kein ausgeklügeltes Psychogramm, doch Regisseurin Claudia Garde, die zuvor mit „Stirb und werde“ die bislang beste Episode des Kieler „Tatorts“ vorgelegt hat, versteht es auch hier, den Zuschauer bei der Stange zu halten. Das Buch von Sascha Arango hält einige hübsche Twists parat, ohne dass die Story die ganze Zeit „Achtung!“ schreit. Borowski arbeitet hier redlich als eine Art Knochenjäger (Vergleiche mit Phillip Noyce’ Thriller „The Bone Collector“ müssen erlaubt sein), und dass man ihn ausgiebig in den düsteren Kanälen der Kanalisation rumwaten sieht, hat seinen Grund. Der Kommissar, der sich nur mit dem schwachen Strahl einer Bergarbeiterlampe am Kopf durchs Labyrinth der Unterwelt tastet, wird hier zum Sinnbild des suchenden Ermittlers überhaupt.

Außerdem befruchtet die patent in Szene gesetzte Dunkelheit die Fantasie des Zuschauers. Und das so effizient, dass man Ende gar nicht recht weiß, ob all die Morde wirklich passiert sind – oder ob dem Zuschauer, konditioniert von zu vielen Serienkillerschockern, vielleicht doch nur die eigene Vorstellungskraft einen Streich gespielt hat. CBU