Prozess in Hamburg geplatzt: Rohrkrepierer der Staatsanwaltschaft
Gerichtsverfahren gegen einen Journalisten wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz ist ausgesetzt. Das Bundeskriminalamt soll erst prüfen, ob die Staatsanwaltschaft gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hat.
Nach 16 Verhandlungstagen soll ein Gutachten des Bundeskriminalamtes (BKA) klären, ob sich die Anklagebehörde womöglich eines Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz schuldig gemacht hat. Da das BKA dafür die Zustimmung des Wirtschaftsministeriums in Berlin braucht, was mehrere Monate dauern kann, ist das Verfahren bis auf Weiteres ausgesetzt worden.
Das BKA soll nun prüfen, ob die Staatsanwaltschaft die von einem Gericht konfiszierten Waffen nicht wieder in Umlauf hätte bringen dürfen, weil sie dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegen. Darunter waren eine Maschinenpistole BWT 5k, ein Repetiergewehr der Marke Rossi sowie die Pistolen Glock 17 und Ruger MK II mit Schalldämpfer.
Die Waffen waren 2007 bei Razzien gegen drei Mitglieder des Schützenvereins Kaltenkirchen sichergestellt worden, gegen die wegen illegalen Waffenhandels ermittelt wurde. Winkelsdorf hatte den Fall bei Recherchen für Fernsehmagazine aufgedeckt. Die Sportschützen hatten damit geprahlt, Waffen ins Rotlichtmilieu und die Rockerszene zu liefern, wo gerade der Krieg zwischen Hells Angels und Bandidos tobte.
Das Waffenrecht ist wegen der unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bundes- und Landesbehörden kompliziert und daher unterschiedlich interpretierbar.
Auch Inhaber einer Waffenbesitzkarte (Waffenschein) müssen ein sogenanntes „Bedürfnis“ nachweisen, trotz „Befugnis“ Waffen zu besitzen, wenn diese in der Öffentlichkeit transportiert werden.
Ein „Bedürfnis“ kann zum Beispiel sein, Waffen an einen anderen Waffenscheininhaber zu verkaufen oder zu überlassen und zu diesem zu transportieren. Auch ein Jäger kann ein Bedürfnis geltend machen, wenn er von seinem Wohnsitz in den Wald zur Jagd fährt.
Im Prozess waren die Sportschützen 2010 dann nur als „Waffennarren“ wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft ließ den Vorwurf des Handels überraschend fallen. Die beschlagnahmten Waffen wurden aber vom Gericht eingezogen.
2013 bekam Winkelsdorf den Tipp, dass sich die eingezogenen Waffen wieder im Handel befänden und für die verurteilten „Waffennarren“ wieder zugänglich seien. Die Staatsanwaltschaft hatte sie einem Waffenhändler überlassen, den sie kurioserweise später wegen Waffenlieferungen nach Syrien in den Knast bringen musste.
Winkelsdorf erstattete Anzeige bei der Justizbehörde, die sie allerdings ignorierte. In Begleitung eines Anwalts für Waffenrecht und eines Reporters transportierte Winkelsdorf deshalb am 7. März 2013 die nicht schussbereiten Waffen vom Fachgeschäft Waffenhaus Eppendorf in eigens dafür vorgesehenen verschlossenen Behältnissen vorschriftsmäßig zur Justizbehörde, um der damaligen Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) die Waffen demonstrativ zu übergeben. Doch die ließ die Polizei holen.
Die Staatsanwaltschaft fühlte sich auf den Schlips getreten. Vier Jahre lang ermittelten mehrere Staatsanwälte, um Winkelsdorf, der Inhaber einer Waffenbesitzkarte ist, einen Verstoß gegen das Waffengesetz nachzuweisen. Denn trotz der Befugnis aus „journalistischen Gründen“ eine Waffe zu besitzen, habe ihm für den Transport das notwendige „Bedürfnis“ gefehlt.
Bis zuletzt kämpfte Staatsanwalt Johannes Bryde – offenkundig auf Weisung seiner Vorgesetzten – um eine Verurteilung Winkelsdorfs. Selbst wenn es zu einem Fehler beim staatlichen Handeln gekommen sei, habe Winkelsdorf nicht das Recht zur „Selbstjustiz“ gehabt, um die Waffen aus dem Verkehr zu ziehen, argumentierte er.
Bei der BWT 5k musste er aufgrund eines Gutachtens des Landeskriminalamtes allerdings eingestehen, dass dies ein „Grenzfall“ sei. „Niemand ist aufgefallen, dass es Probleme geben könnte,“ räumte Bryde jetzt ein. Denn mit handelsüblichen Bauteilen einer Maschinenpistole Heckler & Koch MP 5 hätte sich die BWT 5k schnell zu einer Automatik-Waffe umrüsten lassen.
Winkelsdorfs Verteidiger Uwe Maeffert ist über die Entwicklung erfreut. „Wir hatten gleich zu Anfang angeboten, dass Verfahren einzustellen,“ sagt er. Man habe aber ein Exempel an einem Kritiker des staatlichen Umgangs mit Waffen statuieren wollen. Maeffert geht davon aus, dass die Posse nicht noch einmal vor Gericht landet – egal wie das Gutachten ausfällt.
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