LESERINNENBRIEFE
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitungDie Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Erbärmliches Schmierentheater

betr.: „Arbeitsrechtlich nicht haltbar“, taz vom 20. 1. 17

Als Studentin war ich Mitglied einer angeblich linksextremen Partei. Bei meinem Einstellungsgespräch als Schreibkraft in einem Institut an der Uni habe ich die entsprechende Frage selbstverständlich verneint, habe also „gelogen“. Bereue ich das heute? Natürlich nicht! Kleine Kinder dürfen nicht lügen (Erwachsene tun es ständig), und von Straftätern vor Gericht erwartet man „Reue“. Herr Holm ist weder das eine noch das andere. Trotzdem stehen im Zentrum der Rechtfertigungsversuche für den Abschuss Herrn Holms sowohl durch die HU-Präsidentin wie auch die SPD-Spitze immer wieder die Argumente „er hat gelogen und keine Reue gezeigt“. Was für ein erbärmliches Schmierentheater!

Jetzt haben sie wieder ihren stromlinienförmigen Senat beisammen, einer der wenigen Typen mit nachweislich Rückgrat ist raus, herzlichen Glückwunsch!MARGIT MAUERSBERGER,Berlin

An die WählerInnen denken

betr.: „Wer hat ihn verraten?“, taz vom 17. 1. 17

Bedenklich ist, dass die Linke den Risikofaktor Stasivergangenheit unterschätzte oder davon nichts wissen konnte. Jeder, der politische Verantwortung in einer Koalition bekommt, sollte doch auch an den/die Wähler/in denken die sich auf Rot-Rot-Grün freuen konnten. Nun wollte Herr Holm unbedingt Berliner Staatssekretär werden, ohne daran zu denken, dass er einen Auftritt in der Medienöffentlichkeit macht. Jetzt ist das Vertrauen in der Koalition verständlicher Weise erst mal angegriffen. Es geht nicht um Holms Fähigkeiten gegen Mietspekulanten, diese kann er gern einbringen, aber nicht das Risiko eingehen, enttarnt zu werden, wo erstmalig in Berlin die Linke mit der SPD und den Grüne eine Koalition bilden. DETLEV BÖCK,Berlin

Posten generiert

betr.: „Und jetzt zurück auf Start“, taz vom 18. 1. 17

„Nach dem Rücktritt von Andrej Holm muss Stadtentwicklungssenatorin Lompscher einen neuen Staatssekretär präsentieren.“

Muss? Wieso muss? Auch die andere, die sie belassen hat, Regula Lüscher, würde weniger Schaden anrichten, wenn sie gar nicht da wäre. Also Katrin Lompscher kann doch die Bau- und Mietenpolitik selbst machen, Holm kann sie ja trotzdem für etwas weniger Geld beraten. Ich finde es grässlich, wie hier Posten generiert werden, das stößt ab. Jahrelang hat Berlin gespart, die Zahl der Senatoren reduziert. Und jetzt schöpfen sie aus dem Vollen. Find ich blöd. ANNETTE AHME, Berlin

Ein Unding

betr.: „Humboldt-Universität wirft Holm raus“, taz vom 19. 1. 17

Wir brauchen eine Ent-Stasifizierung!

Es ist für mich ein Unding: ein junger, noch nicht einmal volljähriger Mensch, trifft aus Unwissenheit eine falsche Entscheidung, kommt aus der Situation zuerst nicht heraus, ohne seine Zukunftspläne zu riskieren, verdrängt danach diese Phase seines Lebens. Sie ist ihm peinlich, ja, er verdrängt sie auch aus seinem Gedächtnis. Und nun soll sein ganzes Leben an diesem Makel leiden.

Nach 1946 konnten aktive, überzeugte Nazis, die als Mitläufer ihren Persilschein erhielten, hohe Posten besetzen, ohne dass sich ihre Gesinnung grundlegend veränderte. Das war bei Andrej Holm ganz anders. Er war nie aktiv für die Stasi und hat bewiesen, dass er mit dieser Gesinnung nichts am Hut hatte und bis heute hat. Ein Schlussstrich unter dieses kurze Kapitel seiner Jugendzeit wäre fällig. ANITA SCHWAIER, Angermünde

Was für ein Schauspiel

betr.: „Eine Machtprobe“, taz vom 16. 1. 17

Was für ein Schauspiel in Berlin um Herrn Holm. Es wurde Zeit, dass er seinen Rücktritt erklärt hat. Es ging ihm und der Bausenatorin offensichtlich um eine Machtprobe und um ihre Eitelkeiten. Beide ignorieren beharrlich die Tatsache, dass es nicht nur um die Stasi-Verpflichtung gegangen ist, sondern darum, dass Herr Holm wissentlich falsche Angaben zu dieser seiner Vergangenheit gemacht hat. Das ist die Tatsache, die Herrn Holm untragbar gemacht hat. Der Bausenatorin und der Linken-Fraktion fehlen offenbar der starke Wille, die Rot-Rot-Grünen-Koalition als echte Alternative zu Koalitionen mit der CDU zum Erfolg zu führen. Vielleicht sichert ja die Bausenatorin Herrn Holms Lebensunterhalt durch externe Honoraraufträge. Er ist ja ein Experte seines Faches. RUDOLF SCHLEHAHN, Berlin