Kurzkritik: Benno Schirrmeister über den Januar-Luchs
: Vom Tod und vom Mädchen

Herzig ist es, aber nicht belanglos: „Pssst!“ heißt die entzückende Comicerzählung von Annette Herzog und Grafikerin Katrine Clante, die gerade den Januar-Luchs erhalten hat. Luchs ist der Jugendbuchpreis, den Radio Bremen mit der Zeit monatlich verleiht. Dass aber die Jury einen Comic auswählt, kommt selten vor. Das ist ein Ereignis.

Auch, weil sich ernst zu nehmende Comics fast nur an Erwachsene richten. Drum wurde ja in der Szene der von Patrick Wirbeleit und dem Bremer Uwe Heidschötter ersonnene Kindercomic „Kiste“ so sehr als „etwas Neues“ (comickritik.de) empfunden. Auch fürs jetzt ausgezeichnete poetische Coming-of-Age-Werk von Clante und Herzog gibt es kaum Vergleichsmaterial. Braucht’s auch nicht, um zu erkennen, dass es gut ist: Das Buch überzeugt durch die unbeschwerte Eigenständigkeit, mit der die Autorinnen hier Episoden und Themen aus den Schatten junger Mädchenträume inszenieren. Prägende Ereignisse aus der Jugend ihrer Protagonistin, wie der erste Schultag, werden als Pinnwandassemblage collagiert, zwischendurch gibt’s auch eine lange Passage handgeschriebener Prosa-Erinnerungen.

Die meisten Episoden jedoch sind reinste Bildergeschichten von jugendlicher Weltaneignung. Die sich, das merkt man an der veränderten Wiederkehr einzelner Motive, dem Alter anpasst: Der kindliche Blick auf Ameisen hat ein anderes Layout und einen anderen Rhythmus als der des Teens. Spielerisch kommt das daher und leichtfüßig – obwohl es so originell-melancholisch anhebt: Das erste Kapitel heißt „Nichts“. Und es handelt vom Tod – und dem, was vor dem Leben ist.

Annette Herzog, Katrine Clante: Pssst!, 96 Seiten, 14 Euro