Oktober wird zum Warnstreikmonat

Die Streiks im NRW-Einzelhandel gehen weiter. Gewerkschaft ver.di lehnt noch flexiblere Arbeitszeiten ab und fordert 3,5 Prozent mehr Lohn. Einzelhandelsverband rechnet mindestens bis zum 28. Oktober mit weiteren Warnstreiks

BOCHUM taz ■ In vielen Geschäften in NRW ruhte in den vergangenen zwei Monaten die Arbeit. Daran wird sich auch so bald nichts ändern. Ob bei Walmart, Kaufhof oder Real, ob in Köln, Wuppertal oder Münster: Die Streiks gehen weiter, versichert die Gewerkschaft ver.di-NRW. „Etwa 3.500 Mitarbeiter des Einzelhandels beteiligten sich bislang an den Aktionen“, berichtet ver.di-Sprecher Folkert Küppers. Trotz der Aktionen bleibt die Front zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber verhärtet.

Im Tarifstreit fordert ver.di-NRW für die rund 410.000 Beschäftigten eine Einkommenssteigerung von 3,5 Prozent, mindestens aber um 70 Euro. Die Arbeitgeber lehnen das nach wie vor ab. Von den Streiks zeigten sie sich wenig beeindruckt: „Die andauernden Arbeitskämpfe verwundern uns gar nicht“, sagt Heinz Trompetter, Geschäftsführer des Einzelhandelverbands NRW. In der Branche habe es nie leichte Tarifabschlüsse gegeben. „Die desolate Umsatz-Situation und das Wegbrechen von Geschäften und Arbeitsplätzen erschweren das Ganze zusätzlich“, so Trompetter.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Forderung des Einzelhandels nach einzelbetrieblichen Tariflösungen. Aus Sicht der Arbeitgebervertreter sind flexiblere Verträge nötig, um trotz Konsumflaute über die Runden zu kommen. „Beispielsweise soll in umsatzschwachen Zeiten weniger Personal eingesetzt werden“, so Trompetter. Natürlich dürften die Betriebe nicht unbegrenzt von den Vereinbarungen abweichen. Das Ziel sei aber, gerade in insolventen Unternehmen die Beschäftigung zu sichern. „In Bundesländern wie Hamburg wird die Arbeitszeit schon länger flexibel gestaltet“.

Ver.di kritisiert das Vorhaben vehement: „Sehr viele KollegInnen arbeiten bereits in Teilzeit“, so Sprecher Folkert Küppers, „keine Branche ist so flexibel wie der Einzelhandel.“ Immer mehr Arbeitgeber drängten ihre Angestellten wegen zu hoher Personalkosten zur Stundenreduzierung. „Das Problem ist, dass die meisten schon jetzt zu wenig verdienen“, beschwert sich Küppers. Sämtliche Forderungen der Arbeitgeber gingen extrem zu Lasten der Beschäftigten. So sollen das Urlaubs- und Weihnachtsgeld vom wirtschaftlichen Erfolg abhängig gemacht werden, „den Erfolg bestimmen aber maßgeblich die Unternehmen, etwa durch ihre ‚Rabbattschlachten‘“, sagt Küppers. Außerdem seien niedrige Einstiegsgehälter für Arbeitslose und Auszubildende geplant. Gründe genug für die Gewerkschafter, um weiter auf die Barrikaden zu gehen. „Wir werden noch lange durchhalten“, gibt sich Küppers kämpferisch.

Eine schnelle Einigung im Tarifstreit scheint vorerst in weite Ferne gerückt zu sein. Trompetter hofft nun auf eine Lösung auf Bundesebene. Bislang gebe es noch keinen Termin für eine neue Verhandlungsrunde. „Am 28. Oktober wird unsere neue Tarifkommission erstmals zusammen kommen“, so Trompetter. Bis dahin gehe der Arbeitskampf weiter. „Natürlich ist das lästig für die Betriebe“, so der Geschäftsführer. Allerdings gebe es für die Arbeitgeber keinen Druck, nachgiebiger zu verhandeln. „Da wackelt keiner, die Front steht“, so Trompetter.

Die Gehaltsverträge des Einzelhandels wurden bereits am 31. März 2005 gekündigt. Drei Verhandlungen brachten keine Lösung. Eine vierte Gesprächsrunde Anfang Juni sagten die Arbeitgeber kurzfristig ab. Ver.di erklärte die Verhandlungen anschließend für gescheitert und rief im August zu ersten Warnstreiks auf, um den Einzelhandel zurück an den Verhandlungstisch zu holen.GESA SCHÖLGENS