LESERINNENBRIEFE
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Eltern sind keine Fachleute

betr.: „Wäre eine Förderschule nicht besser für Sandra?“,taz vom 4. 1. 17

Konventionen, wonach den Eltern das Recht eingeräumt wird, zu wählen ... davon halte ich nichts. Denn Eltern sind in der Regel überfordert und keine Fachleute, was Inklusion bedeutet. Sie können keinen Menschen mit Behinderung inkludieren, wenn sie ihn in eine Fördereinrichtung mit Gleichen exkludieren. Zur Inklusion ist es alleinig geeignet, den Menschen in die allgemeine Population einzufügen, so, als wenn es alltäglich wäre. Im Einzelfall wären dann immer Einzelfallhelfer/innen möglich oder notwendig sein, das ist Inklusion.

Überlegen Sie, die allgemeinen Schüler/innen müssen sich ja auch inkludieren, und zwar mit der Tatsache, dass es behinderte Menschen gibt, mit denen zu leben ist, und zwar angemessen und inkludiert.

Wenn Sie weiterhin persönlich abrechnen, so bedenken Sie bitte, dass Ihre Eltern möglicherweise aufgeklärt genug waren, Sie in die geeigneten Verhältnisse schulisch „werden“ zu lassen. Es gibt genug unmündige Eltern, die ihre Kinder exkludieren. Kinder sind nicht Eigentum der Eltern, mit denen sie nach Gutdünken umgehen und exkludierende Schulformen wählen dürfen.

Inkludieren, radikal abrechnend gedacht, bedeutet, die Sonder- und Förderschulen abzuschaffen, ebenso später die Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die nur die Betreiber „fett“ und aus Menschen Taschengeldempfänger machen. (...) Der Mensch fühlt schon von Kind an seine Minderwertigkeit im Verbund mit den Gruppe der Exkludierten.

Jede Schule sollte gezwungen werden zu inkludieren. Es sollte keine Wahl geben, keine andere, weil es die anderen Schulen nicht mehr gibt. Und, in den allgemeinen Schulen gibt es in den Klassengemeinschaften immer Präferenzen im Umgang mit dieser oder jener, und jeder kann Freundschaften oder mehrere Verbindungen schließen, das ist ohnehin individuell. Es eröffnet sich ein pädagogisches Feld, wie Sie erlebt haben, wo Aversionen kommuniziert werden. Das ist Inklusion. Wie sähe das auf einer Förderschule aus? KLAUS-DIETER LANGER, Berlin

Lieber unter sich bleiben

betr.: „Was Realität ist, bestimmt der Stammtisch“,taz vom 5. 1. 17

Ich kenne fünf Frauen, die in unterschiedlichen Lebensaltern vergewaltigt wurden.

Eine wurde so früh sexuell missbraucht, dass sie die Tat Jahrzehnte völlig verdrängt hatte. Sie hatte sich nur gewundert, warum der Schmerz beim – nicht – ersten Mal ausblieb. Warum ihr nie eine positive Beziehung zu einem Mann gelang. Eine andere wurde im Grundschulalter jahrelang vom Großvater mit Prügeln gefügig gemacht und anschließend vergewaltigt. Und eine Verwandte von mir wurde als Berufsanfängerin in der Verwaltung gegen ihren Willen vom Chef zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Weder ihr Vorgesetzter noch sie haben je darüber gesprochen; sie arbeitete weiter dort, als sei nichts vorgefallen.

Kann sich in der taz schon „niemann“ vorstellen, dass viele Frauen in den Toilettenräumen lieber unter sich bleiben, so sollten wenigstens die weiblichen Redaktionsmitglieder nachvollziehen können, wie manche Frauen sich fühlen würden, beträte der schmierige Kollege aus dem Nebenzimmer die Waschräume; vielleicht gerade dann, wenn sie allein ist, diskret das Deo erneuern, die zerrissene Strumpfhose wechseln will oder die Berufskluft gegen Feierabendgarderobe tauschen. Unisex-Toiletten würden zeugenlose Übergriffe erleichtern, ohne dass dem Täter allein durch deren Betreten eine Absicht unterstellt werden könnte.

Übrigens: Wie würde sich ein Mann in solchen Räumen fühlen, der sich als Kind oder Jugendlicher nicht gegen seine übergriffige Mutter hatte wehren können? Traut sich „jemann“ eine Antwort? REGINA GROENING, Berlin

Bleibt die Hoffnung

betr.: „Geisel wagt sich vor“, taz vom 6. 1. 17

Vielfach wird behauptet, Videoüberwachung verhindert keine Straftaten. Dem ist zu widersprechen. Videoüberwachung mag zwar manchen Kriminellen nicht abschrecken, sofern er plötzlich eine „Chance“ sieht. Gerade in letzter Zeit hatten wir mehrere Beispiele, dass die Videoaufzeichnung der Aufklärung half. Und nur durch diese Videoaufzeichnung konnten überhaupt Täter überführt werden. Wenn dann ein vernünftiges Urteil gefällt wird, sind die Täter für einige Zeit kaltgestellt, Wiederholungstaten werden vermieden. Außerdem bleibt die Hoffnung, dass in manchem Hirn die Abschreckung wirkt. Jedoch dürften dafür nicht weiterhin Bewährungsstrafen auf Bewährungsstrafen gehäuft werden. Das schreckt nicht ab. KLAUS KRAUSE, Berlin

Nur eine Methode

betr.: „Die Neue sagt Autos den Kampf an“, taz vom 11. 1. 17

Es gibt nur eine Methode: konsequente, kontrollierte Vergabe von Anwohnerparkplätzen, keine Mitarbeiterparkplätze in Innenstadtbereichen, bei Behörden, Schulen, Betrieben. Auch an/auf Baustellen müssen auswärtigen Handwerkern nicht auch noch für ihre Pkws Parkmöglichkeiten eingeräumt werden. Konsequent Park-&-Ride-Systeme durchsetzen. Frei werdenden Parkraum begrünen. Intelligente Fahrpreiskategorien und Gestaltung bei den öffentlichen Verkehrsmitteln. Kommunale Werbung für Parkraum in Innenstädten einstellen. HANS-JOACHIM REICH, Braunschweig