Oettinger streitet mit … CDU-Politikern!

Steuern Schäuble-Ministerium legt sich mit EU-Kommissar über Finanzen der Europäischen Union an

BRÜSSEL taz | Sollte die EU über eigene Steuereinnahmen verfügen? Oder soll der EU-Haushalt noch restriktiver werden – mit finanziellen Sanktionen für reformmüde EU-Staaten? Pünktlich zur Bestätigung des neuen Budgetkommissars Günther Oettinger (CDU) durch das Europaparlament ist Streit über die künftige Finanzpolitik entbrannt.

Ausgelöst wurde die Debatte von zwei streitbaren Politikern: dem früheren EU-Kommissar Mario Monti und dem deutschen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. „Mighty Monti“ leitet eine Expertengruppe zur Finanzpolitik und empfiehlt, den 144 Milliarden Euro starken EU-Haushalt (Ausgaben von 2016) auf eigene Beine zu stellen.

Statt wie bisher aus Beiträgen der EU-Staaten soll sich das Gemeinschaftsbudget zumindest teilweise aus eigenen Steuerquellen finanzieren. Als mögliche Optionen nennt Monti den Handel mit Verschmutzungsrechten, die geplante Finanztransaktionsteuer, die Besteuerung des Ausstoßes von Kohlendioxid oder Änderungen bei der Mehrwertsteuer.

Oettinger findet die Ideen nicht schlecht. Er wolle sich für neue Finanzquellen einsetzen, sagte er bei seiner Anhörung im Europaparlament am Montag. Auch bei der Bundesregierung in Berlin werde er für Montis Ideen werben, versprach der CDU-Politiker. Doch offenbar hat er die Rechnung ohne seinen Parteifreund Schäuble gemacht.

Aus dessen Haus kommt nämlich ein Vorstoß, der in eine ganz andere Richtung weist. „Wir sind dafür, die Strukturfondsmittel teilweise zu konditionieren“, sagte Finanzstaatssekretär Jens Spahn der Zeitung Handelsblatt. Das Geld, das vor allem für EU-Länder in Süd- und Osteuropa wichtig ist, solle nur bei Wohlverhalten ausgezahlt werden.

Als Bedingung nannte Spahn die Umsetzung von Spar- und Reformempfehlungen der EU-Kommission. In Berlin wird aber auch diskutiert, die Auszahlung von EU-Mitteln an Solidarität in der Flüchtlingspolitik zu binden. Von eigenen EU-Steuern oder anderen Eigenmitteln hält Spahn dagegen nichts. Auch eine Erhöhung des EU-Budgets lehnt er ab.

Die spannende Frage ist nun, ob Oettinger auf „his master’s voice“ aus Berlin hören wird – oder ob er eine eigenständige, europäische Linie fährt. In Brüssel wurden bereits erste Zweifel an seiner Unabhängigkeit laut.

Eric Bonse