Wachstum für alle

FUSSBALL Das Fifa-Council beschließt einstimmig, bei der WM 2026 die Teilnehmerzahl von 32 auf 48 Teams aufzustocken. Es beginnen bereits die großen Verteilungskämpfe

Wohlstand für alle: Die Ideen von Fifa-Chef Gianni Infantino finden fast alle Funktionäre spitze Foto: dpa

Von Johannes Kopp

Wer will mehr Geld und bessere Zugangschancen, bei einer Fußball-Weltmeisterschaft dabei zu sein? Alle. So schlicht kann man das Ergebnis der Sitzung des Fifa-Councils am Dienstag in Zürich zusammenfassen. Gianni Infantino hatte mit diesen plakativen Versprechen in Form einer WM-Erweiterung den Wahlkampf um das Fifa-Präsidentenamt im Oktober 2015 gewonnen.

Insofern war es wenig verwunderlich, dass die 33 Council-Mitglieder einstimmig für das von Infantino präferierte Modell von künftig 48 statt 32 Teilnehmern votierten. Bereits nach gut 90 Sitzungsminuten war der vierte Tagesordnungspunkt abgehakt und via soziale Medien das Abstimmungsergebnis an die Öffentlichkeit lanciert worden. Bei der WM 2026 wird erstmals das um 50 Prozent aufgestockte Teilnehmerfeld starten. In der Vorrunde soll es dann 16 Gruppen mit je drei Mannschaften geben. Zwei Teams aus jeder Gruppe werden dann in die K.-o.-Runde ziehen. Statt bislang 48 werden künftig 60 WM-Partien ausgetragen. Allerdings bestreitet der Weltmeister trotz der Erweiterung am Ende nach wie vor lediglich sieben Spiele.

Einige Details sind indes noch nicht festgelegt worden. So etwa der Vorschlag von Infantino, die Vorrundenspiele im Falle eines Gleichstands nach regulärer Spielzeit anschließend durch ein Elfmeterschießen zu entscheiden, um Absprachen vor den letzten Gruppenspielen zu verhindern.

Im Vorfeld der Abstimmung des Fifa-Councils, bei der vier Erweiterungsmodelle (je zwei 40er- und 48er-Varianten) zur Auswahl standen, hatte von den nationalen Verbänden lediglich der Deutsche Fußball-Bund Bedenken gegen die Pläne von Infantino formuliert. DFB-Chef Grindel erklärte, alle Varianten hätten „erhebliche Schwächen“. Weil der DFB jedoch durch die Suspendierung des deutschen Council-Mitglieds Wolfgang Niersbach kein Stimmrecht hatte, konnte sich der DFB ohnehin weit aus dem Fenster lehnen.

Grindel bekräftigte auch am Dienstag sein Missfallen: „Ich bin nicht glücklich mit dieser Entscheidung und hätte mir vor allem gewünscht, dass alle wichtigen Fragen zu Organisation und Modus komplett geklärt sind.“ Und Bundestrainer Joachim Löw erklärte: „Ich finde das bisherige WM-Format mit 32 Mannschaften immer noch gut und kann aus rein sportlicher Sicht einer Aufstockung gar nichts abgewinnen. Für mich hat die EM 2016 in Frankreich nicht zu einer Steigerung der Qualität beigetragen, im Gegenteil.“ An den Mehreinnahmen dürfte aber auch der DFB interessiert sein. Laut Spiegel Online soll Infantino in einem hausinternen Papier durch die Vergrößerung des WM-Teilnehmerfelds 20 Prozent Mehreinnahmen veranschlagt haben. Geld, das der skandalumtoste Weltverband auch aufgrund der exorbitanten Anwaltskosten gut gebrauchen kann.

Disharmonisch wird es zugehen, wenn es um die Details der Erweiterung geht

So geschlossen die höchsten Fußballfunktionäre für das XXL-Format gestimmt haben, so disharmonisch wird es wohl bald zugehen, wenn die Details der Ausgestaltung der WM-Erweiterung festgelegt werden müssen. Denn die Verteilung der 16 hinzugekommenen Startplätze auf die jeweiligen Konföderationen muss noch beschlossen werden. Die Frage der Quotenplätze wird voraussichtlich beim Fifa-Kongress im Mai in Bahrain ausgefochten. Der Schweizer Infantino hatte insbesondere Afrika und Asien mehr Qualifikationsplätze versprochen. So brachte sich DFB-Chef Grindel als Verteidiger der europäischen Interessen bereits in Position: „Bei allem Verständnis und Sympathie für die Bestrebungen, den Fußball auch weiter in Regionen Afrikas und Asiens zu entwickeln, muss jedem auch klar sein, dass es allen dient, den elementar wichtigen Kernmarkt Europa auch bei den Startplätzen weiterhin stark abzubilden.“

Wer die WM mit 48 Teilnehmern logistisch stemmen soll, ist noch unklar. Derzeit ist geplant, dass der Gastgeber 2020 bestimmt wird. Gute Chancen rechnen sich die USA und Kanada eventuell als Ko-Ausrichter aus.

Neben dem DFB übte die Vereinigung der europäischen Fußball-Spitzenklubs (ECA) Kritik an der Entscheidung des Fifa-Councils. „Wir können den Wert nicht erkennen, das aktuelle Format mit 32 Mannschaften zu verändern, das sich aus allen Perspektiven als perfekte Formel erwiesen hat.“