DER TERROR IN INDONESIEN SCHLÄGT LOKALE WURZELN
: Al-Qaida outsourced

Als die britische Regierung im April 2004 wegen Terrorgefahr ihre Bürger vor Reisen nach Indonesien warnte, reagierte die darüber verärgerte indonesische Botschaft in London mit einer Retourkutsche. Sie warnte ihre Landsleute ihrerseits vor Reisen nach London, weil die Terrorgefahr sich nach Großbritannien bewege. Seitdem gaben die Ereignisse leider beiden Seiten Recht.

Auch ohne Retourkutschen mangelte es weltweit nicht an Terrorwarnungen. Doch den meisten ist immanent, dass sie viel zu unspezifisch sind und deshalb kaum praktischen Wert haben. Weil zudem die Anschläge der letzten Jahre zeigten, dass es kaum noch sichere Orte gibt und Sicherheit nur noch relativ ist, gehen zunehmend mehr Menschen mit dem Problem fatalistisch um. Wohl auch weil sich niemand gern verunsichern lässt und so den Terroristen in die Hände spielt, haben die meisten Urlauber in Bali erstaunlich gelassen reagiert. Dass es heute kaum noch sichere Orte gibt, zeigt auch, dass der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus die Gefahr bisher nicht bannen konnte. Im Irak und teilweise auch in Pakistan und Afghanistan drängt sich der Eindruck auf, dass nicht zuletzt der so genannte Krieg gegen den Terror immer wieder neue Terroristen produziert. In anderen Ländern aber haben die Terroristen lokale Wurzeln geschlagen. Galt al-Qaida lange Zeit als dubiose Chiffre des islamistischen Terrors, so könnte sich zum in den letzten Jahren beobachteten Phänomen des „Merchandising“ jetzt auch eine Art „Outsourcing“ gesellen.

Dies wäre dann der Fall, wenn die jetzigen Anschläge in Bali tatsächlich von Veteranen lokaler Konflikte ausgeführt wurden – die anders als die erste Generation der Terroristen selbst keine internationale Erfahrung haben. Das hieße jedoch, dass erfolgreiche Terrorismusbekämpfung die Lösung vieler lokaler Konflikte voraussetzt und damit fast noch unmöglicher wäre. Doch – und das ist ein Hoffnungsschimmer – könnte dann auch die Einsicht greifen, dass Konflikte und damit auch die Ursachen des Terrors in erster Linie nicht militärisch gelöst werden können. SVEN HANSEN