Mediziner, auf nach Pjöngjang!

Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) wollen mit Nordkorea zusammenarbeiten. Medizineraustausch und Symposien sind geplant. „Wir vertreten eine neutrale Position“, sagt Vorstandsmitglied Pohlmeier

VON SVEN HANSEN

Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) streben eine Kooperation mit Nordkorea an. Nachdem kürzlich erstmals eine IPPNW-Delegation nach Nordkorea reisen konnte, beschloss der Vorstand ihres internationalen Dachverbands am Wochenende in Boston in den USA, mit Projekten in dem isolierten Land zu beginnen. Das deutsche Vorstandsmitglied Lars Pohlmeier sagte der taz, es seien ein Famulantenaustausch und medizinpolitische Symposien geplant.

„Wir wollen die Isolation der Nordkoreaner durchbrechen helfen und haben als Organisation aus dem Gesundheitssektor die Chance eines Zugangs auf der beruflichen Ebene“, sagt Pohlmeier. Bereits mit anderen Ländern organisiere IPPNW zweimonatige Famulantenaustausche, die neben Praktika in Krankenhäusern die Arbeit in sozialen Projekten beinhalteten. Ein Austausch solle mit zwei nordkoreanischen Medizinstudenten beginnen, die ins Ausland reisen, sowie zwei von anderswo, die Nordkorea besuchen.

Dort könne es neben der Arbeit in Krankenhäusern Praktika in Projekten internationaler Hilfsorganisationen geben. Dass Nordkorea kürzlich Hilfsorganisationen aufforderte, bis Jahresende alle internationalen Mitarbeiter abzuziehen, wertet Pohlmeier mehr als Versuch Pjöngjangs, die Hilfe von Not- auf Entwicklungshilfe umzustellen statt Helfer wirklich auszuweisen. Am Sonntag meldete das UN-Welternährungsprogramm (WFP), Pjöngjang plane die landesweite Rationierung von Lebensmitteln. Zuvor hatte es noch die Forderung nach Abzug der Helfer mit einer guten Ernte begründet.

Pohlmeier, der Klinikarzt in Bremen ist, gehörte zur fünfköpfigen IPPNW-Delegation, die Ende August das von Mangelernährung geprägte Nordkorea besuchte und dort auch den stellvertretenden Gesundheitsminister traf: „In einem Krankenhaus konnten wir durchexerzieren, was wir jetzt vorhaben. Wir hielten Vorträge zu medizinischen Fragen und einen über atomare Abrüstung und die Rolle der Zivilgesellschaft.“ Eine solche Vortragsreihe im Umfang von drei bis vier Tagen sei von IPPNW aus ab Mai 2006 machbar. Zwar habe es keine Diskussion geben dürfen, aber der Vortrag über Abrüstung war wohl der freieste, den es in dem Hospital je gab, so Pohlmeier.

Auch in Nordkorea gibt es eine IPPNW-Sektion, die wie alles dort vom kommunistischen Regime kontrolliert wird. Doch steht IPPNW als 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation mit Sektionen in 60 Ländern und 200.000 Mitgliedern nicht im Verdacht, im Streit um Nordkoreas Atomprogramm parteilich zu sein. „Unsere Partner wissen, dass wir nicht wegen humanitärer Hilfe kommen“, meint Pohlmeier, „sondern eine neutrale Abrüstungsposition vertreten.“ Als Organisation, die auch in Russland, China und Südkorea vertreten sei, genieße IPPNW einen Vertrauensbonus, vermutet Pohlmeier.

Vertreter von in Pjöngjang vertretenen internationalen Organisationen würden laut Pohlmeier ein Engagement begrüßen: „Einer sagte, dass es in Nordkorea gäre und es Ausschläge für neue Wege in verschiedene Richtungen gebe. Dazu wollen wir beitragen.“