LeserInnenbriefe
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Unwort des Jahres: Sicherheit

betr.: „Die innere Unsicherheit“, taz vom 9. 1. 17

Eigentlich ist es doch ganz einfach: Solange es nicht allen Menschen auf der Welt annähernd ähnlich gut geht, nicht die Grundrechte aller Menschen geachtet und Vergehen gegen diese geahndet werden, nicht alle Menschen sauberes Trinkwasser, Nahrung, sicheren Wohnraum, Zugang zu Bildung, Selbstverwirklichung und Gesundheit, Recht auf Selbstbestimmung ihrer Identität, Liebe und Sexualität haben, ja so lange gibt es auch keine Sicherheit. Weder hier in unserer schönen BRD noch sonst irgendwo. Denn mit der Globalisierung des Neuliberalismus, der Ausbeutung und der grenzenlosen Geldströme ist auch die Unsicherheit global geworden und grenzenlos. Eigentlich auch nur „gerecht“.

Und wer dann postkoloniale Strukturen aufrechterhält und wer dann Waffen exportiert und wer dann unter dem Deckmantel von Geheimdienst und Sicherheit und schlecht gemeinter oder gemachter „Entwicklungshilfe“ Regionen und ganze Kontinente destabilisiert, mit Krieg, Waffen, Terror und willkürlicher und kurzsichtiger Unterstützung von radikalen Akteur:innen und Regimen, um damit eigenen nationalen und wirtschaftlichen Interessen unter dem Deckmantel der Humanität nachzukommen, und wer dann noch nach Sicherheit und Überwachung schreit: Der ist ein Heuchler, ein Märtyrer, ein Hetzer und ein Spalter. Der ist dann einer der größten Gefährder dieser Erde.

Es lebe die Fußfessel weißer, westlicher Ignoranz.

PAUL PATHENHEIMER, Berlin

Unfaire Berichterstattung

betr.: „Sahra und die Wutbürger“, taz vom 9. 1. 17

Ich lese die taz täglich, weil ich die unabhängige journalistische Berichterstattung schätze. Leider kann man das, was die taz zur Zeit mit Sahra Wagenknecht veranstaltet, nicht mehr als fairen Journalismus bezeichnen. Da wird berechtigte Europaskepsis als Europafeindlichkeit gebrandmarkt, da wird ihre Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin mit „Merkel muss weg“ gleichgesetzt, da werden immer wieder Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen, um ihre angebliche Nähe zur AfD zu belegen. Bemerkungen aus der CDU werden zum Beweis ihrer angeblichen Rechtslastigkeit erhoben. Das ist eine haarsträubende, völlig verzerrte Tendenzberichterstattung. Eine derartige Hexenjagd hätte ich der taz nicht zugetraut. Statt sie selbst zu Wort kommen zu lassen oder wenigstens sachlich ihre Positionen darzulegen, wird sie nach der Methode „Schlagt sie, wo ihr sie trefft“ niedergemacht. Wo bleibt da eigentlich die viel gerühmte investigative Berichterstattung der taz? Ich bin entsetzt!

HERMANN KAIENBURG, Hamburg

Raues Klima

betr.: „Sahra und die Wutbürger“, taz vom 9. 1. 17

Es gab da mal eine Partei, die Linke. Sie wurde in der Vergangenheit oft als sogenannte Protestpartei bezeichnet! Denn die Linke hatte die Sozial- und Arbeitspolitik für sich eingenommen, sodass der kleine Bürger in ihr seine Stimme fand. Die Jahre gingen ins Land und das politische Klima hat sich verändert, ist ein Stück nach rechts gerückt! Es wurde eine Partei, die AfD, gegründet, die mit Rechtspopulismus zu punkten begann und mit einfachen Sprüchen und Lösungen die Stimmen für sich einsammelte! Kurzum, das Klima ist rauer geworden und es weht eine Brise von rechts, in der auch andere Parteien, wie die CSU zum Beispiel, versuchen mitzuschwimmen! Wir haben Wahlkampf und alle Parteien versuchen Stimmen für sich zu gewinnen, auch die Stimmen, die in manchen Landtagswahlen an die AfD verlorengegangen sind! Und ich bin mir sicher, dass Sahra Wagenknecht bestimmt keine Frau ist, die ihre Segel in den „rechten“ Wind hängen wird! Für mich bleibt die Linke aus Gründen der Sozial- und Arbeitspolitik sowie der Friedenspolitik wählbar!

RENÉ OSSELMANN, Magdeburg

Täglicher Flächenfraß

betr.: „Öd, platt und leblos“, taz vom 3. 1. 17

Der alltägliche Flächenfraß in Deutschland schreitet leider fort, und noch immer haben PolitikerInnen auf allen Ebenen nicht den Mut, auch einmal „Halt” zu sagen. Von Ausnahmen abgesehen. Landauf, landab sträuben sich LokalpolitikerInnen und PlanerInnen, Aussagen zum Zeitpunkt des Planungsstopps auf Acker- und Naturflächen zu machen, selbst wenn sie hinter vorgehaltener Hand sagen, dass wir an unsere Grenzen stoßen.

Aber nein, wir stoßen nicht an unsere Grenzen. Wir haben sie längst überschritten.

In Deutschland brauchen wir schon weitaus mehr Fläche zu unserer Versorgung als uns zusteht: Entfallen bei gleichmäßiger Verteilung der produktiven Flächen auf alle ErdenbürgerInnen etwa 0,2 Hektar, so verbrauchen wir schon pro Person 0,3 Hektar. Im Klartext: Wir nehmen 4 Millionen Menschen die ihnen zustehenden Lebensgrundlagen weg. Und der Vergleich mit den Fußballfeldern ist zwar immer ganz anschaulich. Aber er verschleiert, dass in Deutschland jedes Jahr eine Fläche zugebaut wird, die eine Stadt wie Tübingen ernähren könnte. Also immer wieder 80.000 Menschen, denen wir ihre Lebensgrundlagen wegnehmen.

Bei der im Artikel geschilderten Situation in Niederbayern handelt es sich also keineswegs um „eine persönliche Fehde des BN”, wie der Bürgermeister in der taz zitiert wird, sondern um einen Kampf der PolitikerInnen und PlanerInnen gegen die Menschen und gegen unser aller natürliche Lebensgrundlagen.

MANUEL HAUS, Tübingen