Wochenschnack
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Legitim, aber nicht PC

Köln und die Folgen Die Silvesternacht rund um den Dom war dieses Mal sicher, aber über die Polizeitaktik ist eine Debatte entbrannt

Schnee liegt am 2. 1. 17 auf den Türmen des Kölner Doms Foto: dpa

Rassistisch

betr.: „Die Sprache des Kölpos“, taz vom 3. 1. 17

Letztlich entscheidet die Justiz, ob Personen bei Erfüllung bestimmter Kriterien als Intensivtäter eingestuft werden. Erst nach einer Kontrolle kann die Polizei demnach wissen, wie die Person eingestuft wurde. Wenn sie, wie in Köln, während einer Kontrolle twittert, dass derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft werden, ist das nicht nur stigmatisierend, sondern auch rassistisch.

Jürgen Korell, Wiesbaden

Ein Aufreger

betr.: „Debatte über Polizeitaktik entbrennt“, taz vom 3. 1. 17

Silvester und die Polizei, eine unendliche Geschichte. Egal, was und wie sie es macht, sie macht es immer falsch. Gut, dass es „Racial Profiling“ und „Nafris“ gibt, so haben wir zum Jahresanfang endlich mal einen ,,Aufreger“, mangels Wichtigerem.

Fern MEHRING, Dortmund

Verallgemeinerung

betr.: „Debatte über Polizeitaktik entbrennt“, taz vom 3. 1. 17

Alle wortreichen Beschwichtigungen können nicht darüber hinwegtäuschen: Nicht nur die Bezeichnung „Nafri“, der gesamte polizeiliche Kontrolleinsatz in der Kölner Silvesternacht war blanker Rassismus. Begonnen hat der bereits in der Bewertung der letztjährigen Ereignisse durch Politik und Teile der Öffentlichkeit, und jetzt wurde er konsequent in die Tat umgesetzt.

Fast alle Rassisten verweisen darauf, dass sie so ihre Erfahrungen gemacht hätten. In der rassistischen Verallgemeinerung zeigt sich aber, dass diese Erfahrungen schlicht angesammelte Vorurteile sind.

Rolf Oesterlein, Nieder-Olm

Legitimes Vorgehen

betr.: „Debatte über Polizeitaktik entbrennt“, taz vom 3. 1. 17

Die von der Polizei nach äußerlichen Kriterien selektiv durchgeführte Kontrolle kann man durchaus als Rassismus und Schubladendenken bezeichnen. Aber hatte die Polizei eine andere Option? Angesichts der überaus zahlreichen Straftaten im letzten Jahr musste dieses Mal präventiv gehandelt werden. Und sicherlich besteht bei einem erneuten Aufkommen von etwa 1.000 Leuten Wiederholungsgefahr. Das Verhalten der Polizei ist in diesem Fall (wenn auch nicht politisch korrekt) legitim. Julia Engels,Elsdorf

Gegen Kausemös

betr.: „In der weißen Blase“, taz vom 4. 1. 17

Ich kann mich nicht mehr erinnern, aber sicherlich gab es nach den Anschlägen des Anders Breivik auch verstärkt Kontrollen blonder, blauäugiger Skandinavier, oder? Nein? Aber dann wird die Polizei doch wohl auf Kausemö ein besonderes Augenmerk haben? KAUkasische SErienMÖrder? Weiß, männlich, zwischen 25 und 35 Jahre alt? Und grundsätzlich alles, was in einem VW Käfer fährt? Auch nicht? Reglater? REchte GLAtzen-TERroristen? Dürfen sich frei in Dresden und anderswo versammeln und werden dabei sogar von der Polizei geschützt? Mensch, ich komme einfach nicht darauf, was bei den Nafris so anders ist, dass die eine Sonderbehandlung erfahren . . .irgendjemand eine Idee?

Philipp Gregorius, Kiel

Mitschuldig

betr.: „Debatte über Polizeitaktik entbrennt“, taz vom 3. 1. 17

Wenn es so wäre, dass es nicht um das Aussehen, sondern um das Verhalten dieser Menschen ging – warum hat man denn dann nur dunkelhäutige Menschen eingekesselt – zu Hunderten? Keine aggressiven weißen Männer an Silvester ­unterwegs? Bundesweit hat es ja ähnliche Kontrollen und Hand­lungen gegeben. Falls jemand ein Bild findet, das weiße Männer zwischen 15 und 32 in Polizeikesseln an Silvester zeigt: her damit. Das wäre das Einzige, was belegen würde, dass es kein widerrechtliches Racial ­Profiling war. Ansonsten war es das, und all die, die es verharmlosen, sind mitschuldig.

JÖRG RUPP, Malsch

Stark verkürzt

betr.: „Die Sprache des Kölpos“, „Deutschland postcolognial“, taz vom 3. 1. 17 und 29. 12. 16

Liebe Frau Riese, ich teile Ihre Einschätzung der Vorgänge in Köln.

Nur die Aussage zu dem Fehlverhalten der Polizei ist stark verkürzt und ignoriert die im Artikel „Deutschland postcolognial“ von Peter Weissenburger geschilderten Fakten. Es schadet dem Ansehen des einzelnen Polizisten auf der Straße unberechtigterweise.

Ralf Komitsch, Berlin

Dilemma

betr.: „Die Sprache des Kölpos“, taz vom 3. 1. 17

Die Polizei sollte das Recht haben, einen Personenkreis überprüfen zu dürfen, aus dem in der Vergangenheit besonders viele Straftäter hervorgegangen sind. Und das insbesondere gerade auch dann, wenn die betreffenden Personen in größeren Gruppen auftreten, sich auffällig verhalten und dadurch Straftaten vorauszusehen sind. Es stellt sich die Frage, ob es klug ist, diese Praxis als rassistisch zu bezeichnen. Es steht außer Frage, das man das natürlich machen kann. Und Fakt ist auch, dass die Polizei aus diesem Dilemma nicht herauskommen wird.

Hartmut Graf, Hamburg

Eine Erblast

betr.: „ ‚Dumm‘, ‚bescheuert‘ und perfide‘ “, taz vom 4. 1. 17

Es ist eine Erblast der Piratenpartei, Politikern, die nicht twittern, Bürgerferne und die Verweigerung demokratischer Teilhabe zu unterstellen. Dabei wäre es viel hilfreicher, Politikern das Twittern ausdrücklich zu verbieten. Ist nicht viel mehr Chaos und künstliche Aufregung aus voreilig, unbedacht und in Momenten emotionaler Überspanntheit abgesandten Twitter-Äußerungen von Politikern angerichtet worden, als dass dadurch Aufklärung geschehen wäre? Über Silvester in Köln lässt sich doch nur wenig mehr sagen, als dass eine Wiederholung der Ereignisse vom Vorjahr glücklicherweise nicht stattgefunden hat. Dass angesichts der großen Sorge vor einer Wiederholung der massive Polizeieinsatz Verständnis finden muss, ist doch klar, auch wenn es schade ist, dass die Nafris dadurch keine Gelegenheit hatten zu beweisen, ob sie sich diesmal nicht auch aus eigenem Antrieb und ganz freiwillig so zivilisiert wie MasKös (Menschen, die aussehen und sprechen als wären sie Kölner) benommen hätten. TORSTEN STEINBERG,

Porta Westfalica

Inakzeptabel

betr.: „ ‚Dumm‘, ‚bescheuert‘ und ‚perfide‘ “, taz vom 4. 1. 17

Ich bin kein ausgemachter Grünen-Fan, und Simone Peters ist nicht meine Traumpolitikerin. Trotzdem höre ich zu, wenn sie ein Vorgehen wie das der Kölner Polizei durchaus kritisch hinterfragt. Wenn meine Einschätzung der Gemengelage eine andere wäre, ich würde Simone Peters deswegen vielleicht im kritischen Dialog angehen, aber nicht persönlich beleidigen oder beschimpfen.

Dass sich der inakzeptable Tonfall mancher Nutzer der sogenannten sozialen Medien jetzt schon in das „normale“ Sprachfeld und den „normalen“ Journalismus verbreitet, macht mir große Sorgen. Dass Frau Peters danach zurückrudert, übrigens ebenso.

WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen