Wenn eine Staatsgewalt die andere zur Ordnung twittert

USARepublikaner beginnen die Legislaturperiode des neuen Kongresses ziemlich holperig

Sprecher Ryan hatte sich den ersten Tag anders vorgestellt

BERLIN taz | Es hatte der Tag des Strahlens einer überlegenen republikanischen Mehrheit sein sollen, als am Dienstag beide Kammern des neu gewählten US-Kongresses zu ihren ersten Sitzungen zusammenkamen. Die Nachricht des Tages hätte die Wiederwahl Paul Ryans zum Sprecher des Repräsentantenhauses sein sollen, verbunden mit der inhaltlichen Agenda, über die sich die republikanische Senatsmehrheit verständigen wollte: Abschaffung von Obamas Gesundheitsreform, Steuersenkungen.

Stattdessen jedoch geriet der Tag zu einem Image-Fiasko, aus dem einzig der designierte Präsident Donald Trump als starke Figur hervorging.

Denn als sich noch am Montagabend die republikanische Fraktion traf, um die zu Beginn jedes neuen Kongresses zu verabschiedenden Hausregeln festzulegen, paukte eine kleine Gruppe von Abgeordneten einen Zusatz durch, der es in sich hatte: Sie wollten das Ethikbüro zur Überwachung des Kongresses dem Ethikausschuss des Repräsentantenhauses unterstellen. Damit wäre die Unabhängigkeit des 2008 nach dem Jack-Abramoff-Skandal um Schmiergelder und Abgeordnetenbestechung geschaffenen Gremiums dahin gewesen. Ausgearbeitet hatten den Entwurf eine Reihe von Abgeordneten, die selbst wegen zweifelhaften Verhaltens unter Beobachtung des Büros stehen. Ihr Vorschlag ging durch.

Doch sobald ebendas in der Öffentlichkeit bekannt wurde, hagelte es Kritik von allen Seiten, und nach diversen Aufrufen in sozialen Medien glühten die Telefondrähte der Abgeordneten. Dann kam Donald Trump. Wie immer über Twitter tat er kund, die Abgeordneten sollten sich doch bitte um die wichtigen und drängenden politischen Fragen bemühen und nicht darum, die Ethikkontrolle zu schwächen.

Jetzt ging es nicht mehr. In Eilsitzungen Stunden vor der offiziellen Eröffnung des 115. Kongresses wurde die entsprechende Passage wieder herausredigiert. Der Imageschaden für die Republikaner war jedoch bereits entstanden.

Nicht allerdings für den designierten Präsidenten: Trump hatte mit dem Spruch „Trocknen wir den Sumpf aus!“ Wahlkampf gegen den Washingtoner Filz gemacht. Und selbst wenn seine Kabinettsnominierungen von Milliardären und Wall-Street-Gewinnlern eine andere Sprache sprechen, konnte er doch noch vor Amtsantritt hier Führungsstärke zeigen.

Paul Ryan, der mit nur einer republikanischen Gegenstimme erneut zum Sprecher gewählt wurde, hatte seinerseits gerade noch rechtzeitig die richtige Spur gewählt und den Zusatz öffentlich zurückgewiesen. Dennoch: Den Tag seiner Wiederwahl hatte er sich anders vorgestellt. Bernd Pickert