Jeder dritte Westler war noch nie im Osten

Die Reden zum Tag der Einheit und eine Forsa-Umfrage machen deutlich: Deutschland ist nach wie vor zweigeteilt

BERLIN/POTSDAM dpa/ap ■ Auch knapp 16 Jahre nach dem Mauerfall begegnen viele Westdeutsche dem Osten mit Desinteresse. Fast jeder dritte Westler war noch nie in den neuen Bundesländern, ermittelte eine aktuelle Umfrage des Forsa-Instituts. Unter jungen Menschen ist die Quote noch höher. Hingegen haben 96 Prozent der Ostdeutschen schon einmal den Westen besucht.

Auch sonst ist die Nation in vielen Aspekten nach wie vor ein geteiltes Land – das belegten die Reden zum gestrigen Jubiläumstag der Deutschen Einheit. Zwar sei der Osten „kein Jammertal und auch kein Milliardengrab“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Allerdings werde die Angleichung der Lebensverhältnisse mehr Zeit brauchen als 1990 erhofft. Der SPD-Politiker erinnerte daran, dass die Arbeitslosenquote im Osten fast doppelt so hoch ist wie im Westen. Bundeskanzler Gerhard Schröder versprach, die neuen Länder „mit ganzer Kraft“ zu unterstützen.

Der Bedarf ist groß, das verdeutlichte auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck. Er nannte die Arbeitslosigkeit das drängendste Problem der neuen Länder und forderte eine neue Aufbruchsstimmung: „Wir sollten den Elan, den 1989 und 1990 alle Deutschen in sich spürten, aufgreifen und für die Zukunft Deutschlands nutzen.“ Es müssten wieder wettbewerbsfähige Strukturen in Ostdeutschland geschaffen werden. Laut Lothar de Maizière, letzter Ministerpräsident der DDR, habe ein Teil der Ostdeutschen „ein Recht darauf, frustriert zu sein“, „nämlich jene, die „1990 zehn Jahre zu alt waren, um neu durchzustarten, und zehn Jahre zu jung, um sich in die Rente zu retten.“

Das Bürgerfest in Potsdam besuchten hunderttausende.