Bei der Bremer SPD hat die Basis das Wort

Fraktionschef Böhrnsen oder Bildungssenator Lemke? Die Bremer SPD sucht einen Nachfolger für Bürgermeister Scherf

BREMEN taz ■ Jens oder Willi? Diese Frage sollen in den nächsten Tagen möglichst viele der 5.700 Bremer SPD-Mitglieder beantworten. Der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Bremischen Bürgerschaft Jens Böhrnsen und der Senator für Bildung und Wissenschaft Willi Lemke sind die beiden Kandidaten, die der SPD-Landesvorstand am Samstagabend offiziell für die Nachfolge von Bürgermeister Henning Scherf ins Rennen geschickt hat. Der fast 67-jährige Scherf, der seit zehn Jahren eine große Koalition in Bremen führt, hatte vergangenen Mittwoch auf einem Landesparteitag seinen Rücktritt erklärt.

Die so genannte konsultative Mitgliederbefragung, die ein Abstimmen auch per Briefwahl ermöglicht, dürfte Lemke als dem eindeutig populäreren der beiden Kandidaten einen Vorsprung verschaffen. Der 59-jährige studierte Erziehungs- und Sportwissenschaftler war Ende der Siebziger sieben Jahre lang SPD-Landesgeschäftsführer, anschließend managte er 18 Jahre lang den SV Werder Bremen – weswegen Lemke sich gern als Politiker und Manager in einem darstellt.

Als Bildungssenator leitete er den Bruch mit der sozialdemokratischen Bildungspolitik der letzten 20 Jahre ein. Gegen Bürgermeister Scherf setzte sich Lemke zuletzt im Kopftuchstreit durch – eine Muslimin wollte mit Kopftuch ins Referendariat, per Landesgesetz wurde ihr dies untersagt. Mit Blick auf das Milliarden-Loch im Bremer Landeshaushalt beschwor Lemke gleich nach seiner Kandidatur den „Schulterschluss aller Beteiligten“ – ganz in Scherf’scher Manier.

Fraktionschef Jens Böhrnsen, 56, profilierte sich gegenüber Scherf mehrfach durch sein klares Nein zu großzügigen Investitionshilfen. Der studierte Jurist und langjährige Richter, zuletzt am Bremer Verwaltungsgericht, gilt als Sachpolitiker, der an Stammtischen eher fremdelt – auch hier ein Gegenstück zum Volkstribun Scherf. Mit Blick auf die desaströse Finanzlage Bremens, die dieser hinterlässt, forderte Böhrnsen eine „ungeschminkte und kritische Bestandsaufnahme“.

Innerhalb seiner Fraktion hat Böhrnsen großen Rückhalt. Außerhalb von Parlament und Partei oder gar außerhalb Bremens kennt ihn allerdings so gut wie niemand. Kein Problem, sagen seine BefürworterInnen: Bis zu den nächsten Wahlen in Bremen sind noch fast zwei Jahre Zeit.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Bremer Finanzsenator Volker Kröning, der sich in der vergangenen Woche selbst als möglicher dritter Kandidat für das Bürgermeisteramt ins Gespräch gebracht hatte, hielt seine Bewerbung nicht aufrecht. Nachdem der Landesvorstand am Freitagabend die Mitgliederbefragung beschlossen hatte, sagte Kröning dem Weser-Kurier, dass er unter solchen Umständen nicht zur Verfügung stehe. Seine Partei informierte Kröning darüber offenbar nicht.

Die Mitgliederbefragung der SPD läuft bis Mitte Oktober. Anschließend soll ein Landesparteitag den Nachfolger küren. Die Delegierten sind dabei formal nicht an das Votum der Basis gebunden. ARMIN SIMON