„Chance für die Gegenwart“

Eine Tauschbörse für Erinnerungen auf Kampnagel

■ 41, hat von 2007 bis 2011 das Live-Art-Festival auf Kampnagel kuratiert. Derzeit arbeitet sie als Dramaturgin.

taz: Frau Kersting, was werden Künstler und Besucher auf Kampnagel tauschen? Alte Postkarten und Strümpfe?

Anne Kersting: Alte Strümpfe hoffentlich nicht, aber beides sind Symbole dafür, dass wir Erinnerungspraktiken austauschen. Besonders interessiert uns der Gebrauchswert von Erinnerungen für die Gegenwart.

Es geht nicht um Nostalgie?

Nein, Rückwärtsgewandtheit interessiert mich nicht. Erinnerung ist vielmehr ein Material, das mir die Chance gibt, mich in der Gegenwart zu positionieren und daraus zukunftsfähige Gedanken zu entwickeln.

Ein Beispiel?

Auf unserem interdisziplinären Symposion wird ein Geschichtsdidaktiker über die Vermittlung des Holocaust an Schulen sprechen. Dahinter steht natürlich auch die Frage, welche Ethik aus der Erinnerung abzuleiten ist.

Und was passiert da nun genau?

Da geschehen verschiedene Dinge parallel: Neben den Vorträgen bieten wir Einzelsitzungen mit einer systemischen Therapeutin über Körper-Erinnerung und eine individuelle Stammbaum-Aufstellung an. Da schaut man vor allem nach Erinnerungslücken in der Familiengeschichte und sucht sie durch historische Recherchen zu füllen, um Traumata zu überwinden. INTERVIEW: PS

Samstag, 12 bis 18 Uhr, Kampnagel