Unterm Strich:
Auf einem Pariser Flohmarkt wurden im vergangenen Jahr verloren geglaubte Passagen des österreichischen Stummfilms „Die Stadt ohne Juden“ entdeckt und vom Filmarchiv Austria übernommen. Nachdem die öffentliche Finanzierung für die Sicherung des Materials nicht ausreichte, initiierte das Filmarchiv Austria die bislang größte österreichische Crowdfunding-Kampagne im Kulturbereich, um „Die Stadt ohne Juden“ vor dem Verfall zu retten. Sie ging am 10. Dezember erfolgreich zu Ende. Über 700 internationale UnterstützerInnen ermöglichen die Filmrettung mit über 86.000 Euro.Der Film wurde nach einer Romanvorlage des jüdischen Schriftstellers und Journalisten Hugo Bettauer 1924 in Wien gedreht. Er zeigt die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung und die kulturelle und wirtschaftliche Verarmung einer Gesellschaft. Die jetzt aufgefundenen Passagen lassen den Film in einem neuen Licht erscheinen. Bisher unbekannte Szenen zeigen das jüdische Leben in einer Gesellschaft, in der Judenhass geschürt wird. Damit werden die politische Aussage des Films und die Darstellung des hetzerischen Antisemitismus im Wien der Zwischenkriegszeit wesentlich schärfer artikuliert. Der Film löste heftige Kontroversen aus, die in der Ermordung Hugo Bettauers gipfelten. Bei den wiederentdeckten Filmrollen handelt es sich um leicht entzündliches Nitromaterial, das Zersetzungsspuren aufweist. Eine Sicherung des Films durch Umkopierung auf Safetyfilm ist geboten. Danach muss der Film restauriert und in die schon vorhandene Version integriert werden. Die vollständige Fassung soll nach über 90 Jahren im Herbst 2017 erstmals wieder im Kino aufgeführt werden.
Der 52-jährige Kulturmanager und Plattenboss Bogdan Roščićsoll als künftiger Direktor der Wiener Staatsoper das Haus ab 2020 neu ausrichten. Österreichs Kulturminister Thomas Drozda sagte bei der gestrigen Bekanntgabe der Personalie, dass er bei Roščić einen „herausragenden Gestaltungswillen“ verspüre. „Wenn Sie so wollen, geht es auch darum, eine Staatsoper 4.0 zu kreieren“, sagte Drozda. Die aktuelle Auslastung liege zwar bei 100 Prozent, doch das genüge nicht. Der Kulturminister plädierte unter anderem dafür, die Anzahl der Premieren zu erhöhen.
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