Den Promi-Mördern auf der Spur

Wenn einer einen Star erschießt. Das Fringe Ensemble untersucht im Düsseldorfer FFT „Königsmörder“

Die Stimmen in seinem Kopf befahlen Mark Chapman John Lennon umzubringen. Oder nicht? Wollte er nur berühmt werden? Wenn ja, ist das böse in die Hose gegangen. Noch im vergangenen Herbst lehnte ein Ausschuss des New Yorker Justizministeriums seinen Entlassungsantrag ab. Vor dem Gefängnis warteten schon Beatles-Fans, um ihn endlich in die Finger zu bekommen. „Ich fühlte mich als ein Nichts und ich dachte, wenn ich ihn erschieße, werde ich zu etwas – was natürlich nicht stimmte,“ so wird Chapman zitiert. Im Düsseldorfer Forum Freies Theater (FFT) werden auch andere Promi-Killer vorgeführt. „Königsmörder“ heißt das neue Stück des Holländers Andreas Vonder. In einer fiktiven Geschichte werden dokumentarische und biografische Materialien von Attentätern verarbeitet, um so eine andere Seite der Attentate zu beleuchten.

Chapman ist also eine arme Wurst. Was ist mit John W. Hinckley, der auf Ronald Reagan geschossen hat, weil er Jodie Foster beeindrucken wollte? Oder Ali Agça, der gleich auf den damaligen Papst Woitila feuerte? Und ist es Volkert van der Graaf auch? Der radikale Aktivist einer Umweltorganisation erschoss 2002 den niederländischen Politiker Pim Fortuyn. Also alles nur Menschen, die der Welt einen Gefallen tun wollten, indem sie einen Star töteten? So ganz kann natürlich auch Vonder keine Antwort geben, allerdings setzt er mit seinem Text einige Gedankengänge über den Stellenwert von Medien in Gang. Und über das gestörte Selbstwertgefühl der einsamen Maschinenmenschen, die nun in einer fiktiven Talkshow über ihre Beweggründe stottern.

Inszeniert hat Frank Heuel mit dem Fringe-Ensemble und dem Autor selbst. Die offene Bühne in den FFT-Kammerspielen wird zur Attentäter-Sesamstraße. Knallfrösche, Dartpfeile auf Luftballons, Rap aus den Lautsprechern, Kondome, bis zur Leistungsgrenze belastet. Dazu tropft endlos viel Theaterblut. „You‘re Nobody Till Somebody Kills You“. Zu viele Regieeinfälle sind manchmal des Stückes Tod. Selbst den langen Monolog über den kommerziell folgenreichen Tod des Gangster-Rappers 2Pac muss Georg Lennarz am Ende hechelnd am Trapez sprechen. Mit vielen guten Ideen wird der interessante Text von Vonder leider ein wenig gemordet. Dennoch ist das Stück sehenswert und wandert nun von Düsseldorf über Bonn nach Münster. PETER ORTMANN