LeserInnenbriefe
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Rituelle Kultur linker Gewissheiten

betr.: „Die Stunde der K-Gruppen“, taz vom 27. 12. 16

Die K-Gruppen waren auch die Totengräber einer Bewegung, die die Welt verstehen und verändern wollte. Die Leseliste von Rudi Dutschke war der theoretische Höhepunkt, soweit ich mich erinnern kann 1967. In dieser Leseliste waren sie alle vereint, die linken Theorien, die nicht erst mit Marx begannen, dabei auch die Anarchisten und Antiautoritären, die Rätesozialisten und die vielen bald Verfemten, die die grundlegenden Theorien von Marx weiter diskutierten, um die Welt zu verstehen und geeignete Strategien zu finden, sie zu verändern.

Die rituelle Kultur der eingebrannten Vorurteile und linken Gewissheiten diente der Etablierung von sozialen Identitäten und Lagerbildungen, die nicht einmal den Anspruch verteidigten, die Kräfte der Veränderung einen zu wollen. Die K-Gruppen repräsentierten diese Entwicklung bis zur Groteske.

Heute sind davon übrig geblieben ein behäbiges Gefühl, dabei gewesen zu sein, und die unter ehemaligen Linken bekannten Denkverbote. Burkhart Braunbehrens, Ebertsheim

Übung in Selbstverbiegung

betr.: „Rückkehr nach Flörsheim“, taz vom 24./25./26. 12. 16

Mit Interesse verfolge ich als „bekennender Unterschichtler“ die Bemühungen „Ehemaliger“, sich zu verstehen. Subjektive Erfahrungen, so verschieden wie die Menschen sind. Eine Verallgemeinerung ist unzulässig, klassistisches Proleten-Bashing ohnehin. Meine Erfahrungen sind andere, und zum Glück blieb mir die Mittelschichts-Bildungsverblödung erspart. Wie ein Haifisch bewege ich mich in diesen und jenen Gewässern und habe viele ehemalige und wiedergeborene Mittelschichtige erlebt, die dereinst vor dem „Mief von tausend Jahren“ (nicht nur unter den Talaren) ihrer Herkunftsmilieus nach Berlin geflüchtet sind. Wohl wissend, dass in dem Sumpf, den sie hinter sich lassen wollten, der Faschismus (und heute AfD & Co.) ausgebrütet wurde.

Heute haben sie sich arrangiert, haben ihren Lifestyle gesellschaftsfähig machen können, gebärden sich höchstens noch aus taktischen Gründen sozial (weil Armut und Rechtspopulismus ihr Wohlbefinden stören könnten). Wenn sie noch zur Selbstreflexion fähig sind, stellt sich ihr Frust wie bei einem einstigen Mitglied einer K-Gruppe dar:

„Ich selbst bin mittlerweile auch angekommen, Teil der ,neuen Mitte‘. Ein 100.000-Marks-Jahresgehalt, von dem ich früher nur geträumt hätte, eine teils sehr anspruchsvolle Arbeit, kein rüder Befehlston eines Vorgesetzten …Es ist eine beständige Übung in Selbstverbiegung, einer irrwitzigen Logik ‚wirtschaftlicher Vernunft‘ folgend.“ Norbert Hermann, Bochum

Tot ist tot

betr.: „Mal nachdenken“, Leserbrief, taz vom 27. 12. 16

Lieber Herr Rietig, mir ist es egal, ob ich von einem durchgeknallten Islamisten oder von einem „Freie Fahrt für freie Bürger“-Vollidioten, der zu blöd ist, die Geschwindigkeitsgrenzen zu beachten, totgefahren werde. Leider sind die Vollidioten, die sich weigern, Verkehrsregeln zu beachten, viel häufiger als irgendwelche islamischen Terroristen und daher auch viel gefährlicher. Silke Bestek,Gelsenkirchen

Das hat mich froh gestimmt

betr.: „Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger“, Weihnachtsbotschaft eines taz-Lesers, taz vom 24./25./26. 12. 16

Es lohnt sich immer, eine taz zu kaufen: Die Seite 17 hat der Seele gut getan und mich froh gestimmt auf der weihnachtlichen Bahnfahrt von Hamburg nach Koblenz. Im Gepäck war zwar nur eine Banane und keine Weltliteratur, doch zumindest ein gutes Buch und ein schnödes altes Handtelefon ohne Bildschirm. Vielen Dank der Redaktion für diese schöne Idee und Herrn Ritz für die wunderbaren Zeilen, die in Kopie zum Jahreswechsel in dem ein oder anderen befreundeten Briefkasten landen werden – statt Jahreshoroskop. Bettina Schult, Hamburg

Was ist das denn für ein Palast?

betr.: „Freiburg für alle“, taz vom 20. 12. 16

Der Leser erfährt, dass bei drei Neubauten in Selbstverwaltung Sozialmieten möglich würden, weil bei den Wohnungen sich die Kosten „auf 3.400 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche inklusive Grundstück“ begrenzen ließen. Was ist das denn für ein Palast, frage ich als Hausbauer in einem Wohnprojekt in Schleswig-Holstein? Unsere 16 einzelgeplanten Architektenhäuser, ökologisch, im modernen Holzrahmenbau mit Niedrigenergie und gutem Wohnkomfort gebaut, haben im Durchschnitt mit Grundstück bezugsfertig nicht über 2.800 Euro je Quadratmeter gekostet.

Es gibt schon gut ausgestattete Häuser schlüsselfertig ab 2.100 Euro. Ulrich Kypke,Kellinghusen

„Wham“ sorgte für gute Laune

betr.: „„I’m never gonna dance again“, taz vom 27. 12. 16

George Michael wird uns für immer mit seinem Song „Last Christmas“ in Erinnerung bleiben. Der Zufall wollte es, dass sein Herz Weihnachten 2016 zu schlagen aufhörte. Von Anfang an begeisterte uns Michael mit seinem alten Schulfreund Andrew Ridyley und „Wham!“ und sorgte für gute Laune. Die 1980er Jahre sowie „Wham!“ und George Michael gehören zusammen. Gern erinnern wir uns an diese Zeit, wo „rot-grüne Experimente“ noch möglich waren. Heute gibt es auf absehbarer Zeit dafür keine parlamentarischen Mehrheiten mehr. Klaus J. Lewin, Bremen