Holm bekommt Gnadenfrist

Berliner Senat Der Staatssekretär mit Stasi-Vergangenheit darf bleiben: Bei Krisentreffen einigt sich Rot-Rot-Grün darauf, die Ergebnisse der Untersuchung abzuwarten

Ort des Debakels: Holm in der Humboldt-Uni Foto: Christian Thiel/imago

aus berlin Bert Schulz

Andrej Holm bleibt Staatssekretär für Wohnen der Berliner Landesregierung. Das ist eine Überraschung, obwohl der 46-Jährige erst am Dienstag vergangener Woche ernannt worden war. Denn Holms Vergangenheit als hauptamtlicher Stasimitarbeiter hat nicht nur Rücktrittsforderungen aus der Opposition provoziert, sondern auch aus den Reihen von SPD und Grünen, die zusammen mit der Linkspartei in Berlin die Landesregierung stellen.

Am Freitagvormittag hatte der erste SPD-Abgeordnete Holms Rückzug gefordert. Der Druck auf den Aktivisten und Stadtsoziologen war so groß geworden, dass am Abend der Koalitionsausschuss von Rot-Rot-Grün zusammenkommen musste. Allgemein wurde mit dem Rücktritt von Holm gerechnet, um den Start der Regierung, die erst seit dem 8. Dezember im Amt ist, nicht weiter zu belasten.

Doch der Linkspartei, auf deren Ticket Holm läuft, gelang es in der fast vierstündigen sehr kontrovers verlaufenen Sitzung, das Blatt noch einmal zu Gunsten ihres Staatssekretärs zu wenden. Die grüne Fraktionschefin Antje Kapek schrieb nach Ende der Sitzung auf Twitter: „Holm bleibt. Es wird Einzelfall/Rechtsprüfung abgewartet. Gibt es neue Entwicklungen, muss er Konsequenzen ziehen.“

Holm steht in der Kritik, weil er über seine Stasi-Tätigkeit 1989 falsche Angaben machte. Er hatte 2005 in einem Fragebogen der Humboldt-Universität, bei der der Stadtsoziologe beschäftigt war, die Frage nach einer Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR verneint. Holm selbst hatte in der vergangenen Woche dazu gesagt, ihm sei erst jetzt bei Einsicht in seine Kaderakte klar geworden, dass er seinerzeit hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter war.

Bisher habe er geglaubt, dass seine militärische Grundausbildung und sein nur wenige Monate währender Einsatz in einer Einheit des Geheimdienstes 1989/1990 noch nicht als hauptamtliche Tätigkeit zu werten seien. Dass Holm damals als Berufsoffizier bei der Stasi anheuern wollte, hatte er bereits 2007 in einem Interview mit der taz publik gemacht.

Nun will Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke), die Vorgesetzte Holms, die Überprüfung der Humboldt-Universität und der Stasi-Unterlagenbehörde abwarten. Bis zum Ende der Prüfung gelte für Holm die Unschuldsvermutung – wie für jeden anderen.