DER GENERATIONSWECHSEL IN DER LEHRERSCHAFT WIRD VERSCHLAMPT
: Entmachtet die Kultusminister

Es gibt kein Politikfeld, bei dem die Krise so gut untersucht ist wie in der deutschen Lehranstalt. Nach diversen Studien weiß so gut wie jeder in diesem Land, dass wir uns schwer tun mit jenen Schülern, die im Leben und in der Schule nicht sofort wissen, was Sache ist. Und wir wissen, dass ausgerechnet die LehrerInnen besonders schlecht mit dieser Situation umgehen können: Weil sie überaltert sind, weil sie ausgebrannt sind, weil sie nach einer Didaktik zu unterrichten gezwungen sind, die nicht auf den einzelnen Schüler, sondern auf die Schulform setzt. Alle wissen das, aber nur wenige können daran etwas ändern, und das sind die deutschen Kultusminister.

Und was tun die Kultusminister? Sie schlagen vor, wie in Berlin, Ein-Euro-Jobber in die Schulen zu holen. Sie stellen, wie in Bayern, Förster ein, um ihren Schülern Biologie zu unterrichten. Sie zwingen ihre Referendare, wie in Nordrhein-Westfalen, normalen Schuldienst zu tun. Sie sind die Ersten, die Bachelor und Master fordern, aber sie sind die Letzten, die sich auf die gestuften Studiengänge einigen können. Nur jubeln können die Kultusminister. Wenn sich das Land im Pisatest um zwei Millimeter bewegt, reißen sie beglückt die Arme hoch. An den Kultusministern kommt aber keiner vorbei. Denn sie sind die allein Zuständigen, nur sie können das Land von dem Irrsinn befreien, dass in Kindergärten und Grundschulen bereits bestimmt wird, wer einst an den Unis Diplome vorbereiten darf und wer in den Hauptschulen Richtung Sozialhilfe abdriften muss.

In wenigen Jahren gehen die Lehrer in Pension, die Kultusminister müssten jetzt viele tausend neue Lehrer einstellen – und das ist auch gut so, weil derzeit der Jüngste im Kollegium oft Anfang 50 ist. Nur tun sie es nicht. Die Studienbewerber haben nun ihr Urteil gefällt, sie wenden sich ab von der Schule. Die jungen Leute werden nicht mehr Lehrer. Es ist daher höchste Zeit, die Kultusminister zu entmachten. Denn sie sind gerade dabei, den Generationswechsel an den Schulen zu verschlampen und die nächste Pisakrise vorzubereiten. Das darf nicht geschehen. CHRISTIAN FÜLLER