Lernen im Container

Bildung In Bremen gibt es weniger Grundschulplätze als Kinder. Dennoch werden laut Behörde alle ErstklässlerInnen zum Sommer einen Platz erhalten – fragt sich nur, wo

Die Vorfreude auf die Einschulung in Bremen wächst täglich Foto: Zeno/Postkartenarchiv

von Karolina Meyer-Schilf

Nach dem Kita-Chaos folgt nun offenbar das Grundschul-Chaos: Zum kommenden Schuljahr werden viele Kinder nicht an ihrer ursprünglich vorgesehen Anmelde-Schule unterkommen. Das berichtete der Zentralelternbeirat Bremen auf einer gestern einberufenen Pressekonferenz.

Während Eltern in diesen Tagen Post von der Bildungsbehörde erhalten, in der sie zur Schul-Anmeldung aufgefordert werden, steht diese wichtige Information nicht in dem Brief.

Das Verfahren geht so: Die Bremer Eltern sollen ihre Kinder im Januar an der für sie laut Einzugsbereich zuständigen Grundschule anmelden.

Dann entscheidet die Regionalkonferenz über die Verteilung der Kinder. Liegen für eine Schule mehr Anmeldungen vor als es Plätze gibt, werden diese Kinder durch Losverfahren verteilt. Die endgültige Entscheidung darüber, welches Kind ab Sommer auf welche Schule geht, erfahren die Eltern dann im März.

Für die im Losverfahren verteilten Kinder bedeutet das unter Umständen einen wesentlich längeren, zum Teil auch gefahrvolleren Schulweg, etwa wenn große Straßen überquert werden müssen. Im Extremfall könnte sogar eine echte Betreuungslücke entstehen: Wenn nämlich berufstätige Eltern jetzt darauf setzen, dass ihr Kind an einer Ganztagsschule unterkommt. Erfährt die Familie dann im März, dass das nicht geklappt hat, ist es auch für die Hort-Anmeldung zu spät. Die muss nämlich ebenfalls schon im Januar erfolgen.

„Wir halten das für unerträglich“, sagt Martin Stoevesandt vom Zentralelternbeirat und fordert die Bildungsbehörde auf: „Macht doch mal ’nen Plan!“ Denn genau das ist es, was die Elternvertreter Senatorin und Behörde vorwerfen: Planlosigkeit. „Senat und Behörden in Bremen planen nicht, sondern reagieren. Und das auf dem Rücken der Eltern“, so Stoevesandt weiter. Bis 2020 fehlten mindestens 1500 Schulplätze, diese Zahl sei intern von der Bildungsbehörde bestätigt worden.

„Wir können froh sein, dass es die Flüchtlingswelle gab – sonst hätten wir noch nicht mal die Container“

Halit Sahin, Elternvertreter

Die Bildungsbehörde will gegenüber der taz indes keine Planungsfehler einräumen: „Es gibt aus unserer Sicht keine Fehlplanung“, sagt Sprecherin Annette Kemp. „Unser Ressort arbeitet mit den vorhandenen Zahlen, darauf basiert das Wissen, dass wir zusätzliche Klassenverbände benötigen.“

Dass es „besonders in Gröpelingen eng“ wird, räumt auch Kemp ein. Um den plötzlichen Kindersegen zu bewältigen, sollen hier „Mobilbauten“ – also Container – aufgestellt werden. Elternvertreter Halit Sahin formuliert es so: „Wir können froh sein, dass es die Flüchtlingswelle gab – sonst hätten wir noch nicht mal die Container.“ Die Linke will nun einen Bürgerschaftsantrag für ein „Sofortprogramm Bildung“ auf den Weg bringen.

„Schon seit Wochen zeichnet sich der kommende Notstand in Gröpelingen ab, doch der Senat ist nicht in der Lage, konkrete Lösungen zu bieten“, sagt Kristina Vogt (Linke). Sie befürchtet: „Ein geordnetes Verfahren für die ersten Klassen wird kaum noch möglich sein.“