Lichtblick für Kellerkinder

Bei Ausbildungsplätzen, Arbeitsproduktivität und Wirtschaftswachstum sieht eine Studie das Land bundesweit ganz unten. Doch bei Wissenschaftsausgaben und Lehrerausstattung ist Berlin Spitze

VON MATTHIAS LOHRE

Die Sparanstrengungen des Senats haben bislang kaum zu vorzeigbaren wirtschaftlichen Erfolgen in Berlin geführt. In den Jahren 2002 bis 2004 ging es in der Hauptstadt extrem schleppend voran. Sowohl Arbeitsproduktivität und Bruttoinlandsprodukt als auch das Angebot an Arbeitsplätzen haben sich in diesem Zeitraum besonders schlecht entwickelt.

In diesen Punkten belegt Berlin laut einer gestern veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln im Bundesländervergleich sogar den letzten Platz. Punkten kann die arme Metropole jedoch beim Stellenabbau im öffentlichen Dienst und bei der Entwicklung der Arbeitskosten.

Das Bruttoinlandsprodukt und die Arbeitsproduktivität gingen jeweils um 1,2 Prozent zurück. Das ist ebenso der 16. und letzte Platz im Ländervergleich wie bei der Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze. Im Jahr 2004 standen 100 Ausbildungsplatzsuchenden 6,2 Stellen weniger zur Verfügung als zwei Jahre zuvor.

Den Parteien, die seit Jahren wortreich einen Ausbau des Wissenschaftsstandorts Berlin propagieren, gibt die Studie neue Argumente an die Hand. Denn hier sieht der Ländervergleich des IW Berlin ganz vorn. Beim Einwerben von Drittmitteln für Hochschulen je Professor ist Berlin Spitze: Im Jahr 2003 warb jeder Professor 18.300 Euro mehr ein als zwei Jahre zuvor. Auch bei den Wissenschaftsausgaben je Einwohner liegt Berlin vor den anderen Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Statistisch gesehen gab im Jahr 2003 jeder Einwohner 449 Euro für wissenschaftliche Zwecke aus. Auch was die Relation von Lehrern zu Schülern angeht, liegt Berlin vorn: Hier kommen 14 SchülerInnen auf einen Pädagogen.

Die Studie des IW ist im Auftrag der wirtschaftsnahen „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ entstanden. Dennoch bezweifelt der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Oliver Schruoffeneger, die Zahlen nicht. Manche Ergebnisse wertet er jedoch anders: „Die niedrigen Arbeitskosten sind nicht nur ein Vorteil. Sie sind auch eine Folge des schwachen Wirtschaftswachstums in der Stadt, und sie zeigen, dass die Berliner immer ärmer werden.“

Die starke Einwerbung von Drittmitteln an den drei Berliner Universitäten wertet der Haushaltsexperte der Grünen als Warnung: „Der Senat darf das Studienangebot nicht platt machen“, sagt Schruoffeneger. Die Studie zeige, wie wichtig die Uniangebote für den Wissenschaftsstandort Berlin seien.

Enttäuschend ist noch immer das Tempo der hiesigen Wirtschaftsentwicklung. Die Stadt verbesserte sich zwar um einen Platz. Aber nur, um die rote Laterne an Mecklenburg-Vorpommern abzugeben.