Des Kaisers neues Elixier

2116 Vor 100 Jahren laugten die Menschen in Europa für billige Lebensmittel die Böden aus. Subventionen förderten diesen Irrsinn, der langfristig Schäden hinterließ. Eine Parabel

Es war einmal eine Kultur, die durch ein großes Kaiserreich Zusammenschluss gefunden hatte. In dem Kaiserreich lebten Bauern, die um ein geheimnisvolles schwarzes Gold im Boden wussten, das durch seine Fruchtbarkeit ihre Nahrung sicherte. Ein jeder beteiligte sich an Gemeinwohlspenden, die das Zusammenleben organisierten und den Fortschritt sicherten.

Da erreichte die Kunde von einem Magier das Kaiserreich, der ein Elixier herstellte, das den Ertrag auf den Feldern um ein Vielfaches erhöhen sollte. Der Kaiser lud den Magier in seinen Palast und beauftragten ihn, das teure Elixier zu liefern. Ein paar rebellische Bauern vertrauten aber weiter auf das schwarze Gold und sanken in der Gunst des Kaisers. Jene, die das fortschrittliche Mittel einsetzten, wurden dagegen gefördert. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile im ganzen Reich und die Kultur war voller Euphorie. Die folgenden Ernten ließen die Kultur erblühen, brachten großen Reichtum und günstige Lebensmittel.

Mit dem Wandel der Generationen verdrängte das Elixier jedoch nach und nach das schwarze Gold im Boden, sodass es immer seltener wurde und die Kultur kaum mehr ohne das Elixier auskam. Bald ging das Wissen über das geheimnisvolle Gold verloren, bis schließlich alle Böden unter Unfruchtbarkeit litten. Das Elixier verlor seine märchenhafte Wirkung, denn seine Macht lag im Ausbeuten des schwarzen Goldes. Erste Ängste vor einer Hungersnot machten sich im Kaiserreich breit.

Da erhoben sich die rebellischen Bauern und erinnerten an das Wissen der Vorväter. Sie schlugen vor, künftig das schwarze Gold durch die Gemeinwohlspenden zu fördern, um die Böden zu retten. Das Reich geriet in Streit darüber, denn der Vorschlag verlangte hohe Mittel, aber man entschied sich für eine Rückkehr zur natürlichen Methode.

Der Kaiser aber glaubte weiter an den Magier, investierte die Gemeinwohlspenden in ein neues Elixier, um den Reichtum zu erhalten. Nach ein paar Monden war das letzte schwarze Gold verschwunden, das Elixier wurde nutzlos – und der Kultur fehlte von nun an die Nahrung. So lag sie darnieder wie ihr Boden, da sie sich dem Märchen von den billigen Lebensmitteln hingegeben hatte. Und weil sie bereits gestorben ist, lebt sie heute nicht mehr. Simon Marian Hoffmann