die arbeitsmarktreformen sind gescheitert. das war abzusehen
: Hilflose Flickschusterei

Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode kommt Bewegung in die umstrittene Arbeitsmarktpolitik. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will offenbar ihre Instrumente schärfen, und Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) fordert von den Kommunen Milliarden für die Wohnkosten von Arbeitslosengeld-II-Empfängern zurück. Letzteres ist zwar dem ursprünglich vereinbarten Prozedere zwischen Bund und Kommunen geschuldet, passt aber trefflich ins Bild: Die mit großem Trara verabschiedeten Reformen funktionieren hinten und vorne nicht, und das hilflose Nachbessern spricht eher für Torschlusspanik der Verantwortlichen.

Zunächst ist Hartz IV viel teurer als erwartet – so viel ist nach dem kläglichen Abgang des Namensgebers der Reform klar. Der Grund: Viel mehr Menschen als geschätzt haben sich als bedürftig gemeldet. Für Clement ein Grund, massenhaften Missbrauch zu wittern. Dabei ist Missbrauch schon, wenn ein Paar auseinander zieht, damit der Lohn des einen nicht auf die Unterstützung des anderen angerechnet wird. Haben Clement und Co gedacht, die Menschen würden die radikale Kürzung ihrer Einkünfte klaglos hinnehmen? Ein Blick auf die Anti-Hartz-Proteste hätte die Illusion verhindert.

Illusionär auch die Einführung vieler arbeitsmarktpolitischer Instrumente, die jetzt – zum Teil sinnvollerweise – auf den Prüfstand kommen. Ein Großteil der Ich-AGs kannn sich eben am Markt nicht behaupten, nehmen lediglich die Unterstützung mit. Die Erwartungen an staatliche Zeitarbeitsfirmen für Arbeitslose waren ebenfalls übertrieben, und dass Ein-Euro-Jobs in den ersten Arbeitsmarkt führen, glaubt eh keiner.

Leider ist ein radikaler und sozialer Schnitt nicht in Sicht. Dieser hieße: allen Erwerbslosen ohne großen und teuren bürokratischen Aufwand eine Grundsicherung zahlen, die ein Leben in Würde ermöglicht. Damit könnte sich die Arbeitsmarktpolitik auf Wesentliches konzentrieren: sinnvolle Qualifizierungen organisieren und einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt mit existenzsichernden Löhnen schaffen. Im sozialen und ökologischen Bereich gibt es genug zu tun. RICHARD ROTHER