Hohe Kunst des Verbalslaloms

Gerücht Vor dem bedeutungslosen Spiel beim FC Barcelona sorgt Gladbachs Sportdirektor Max Eberl für große Unruhe. Den Verdacht, dass er zum FC Bayern wechseln wird, zerstreut er nur halbherzig

Wirkt derzeit etwas unentschlossen: Stratege Max Eberl Foto: dpa

BARCELONA taz | Es ist eine seltene Melange verschiedener Emotionen, mit denen die Reisegruppe aus Mönchengladbach am Dienstagabend beim FC Barcelona spielen wird. Christoph Kramer freut sich auf „das schönste Stadion und die beste Mannschaft der Welt“, und die katalanische Metropole wird bevölkert sein mit mehreren Tausend Ausflüglern vom Niederrhein. Doch der erfolglose Liga-Alltag schlägt auf die Stimmung, und sportlich ist das Duell beinahe bedeutungslos. „Ich muss sagen, es ist für alle fantastisch, dass wir ins Nou Camp dürfen, dort ein Pflichtspiel absolvieren, aber momentan hat das keine Wichtigkeit“, sagt Sportdirektor Max Eberl. Denn längst steht fest, dass die Borussia die Gruppenphase der Champions League als Dritter abschließen und im kommenden Jahr in der Europa League weiterspielen wird.

Die Unruhe in Mönchengladbach ist überall spürbar. Die sportliche Krise und der schrumpfende Abstand zur Abstiegsregion in der Bundesliga wird immer bedrohlicher, Zweifel an Trainer André Schubert sind ein Dauerthema unter den Fans. Und nun trägt Eberl selbst, der den Klub in den vergangenen Jahren mit Umsicht und strategischem Geschick durch alle Wirren des Geschäfts manövriert hat, zur Unruhe bei.

Der 43-Jährige zählt zu den Kandidaten für die Position des Sportdirektors bei Bayern München, die seit dem Rücktritt von Matthias Sammer im Frühjahr vakant ist. Eberl, eigentlich ein Freund klarer Worte, glänzt derzeit mit der hohen Kunst des Verbalslaloms. „Ich konzentriere mich auf Mönchengladbach“, sagt er ausweichend, wenn er zu einem möglichen Wechsel befragt wird. Und als sich jemand erkundigt, ob er mit Bayerns wiedergewähltem Präsidenten Uli Hoeneß gesprochen habe, erwidert er: „Ja, ich habe ihn angerufen, um ihm zu seiner Wiederwahl zu gratulieren.“

Zwischen solchen Aussagen mit Hintertür versucht der im niederbayerischen Bogen aufgewachsene Eberl die Lage zu beruhigen. „Ich weiß, was ich hier habe, ich weiß, dass ich diesen Klub hier sehr, sehr schätze und die Aufgaben, die ich hier habe, bewältigen möchte“, versichert er. Alles andere könne er „nicht beeinflussen“.

Aber das stimmt natürlich nicht. Eberl könnte einfach deutlich sagen, dass er als Frontmann die Weiterentwicklung bei Borussia Mönchengladbach mitgestalten will. Dass er kein Interesse hat, sich ins komplizierte Münchner Machtgefüge neben Präsident Hoeneß, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und diversen anderen einflussreichen Leuten einzugliedern. Aber das tut Eberl nicht, im Gegenteil.

Neulich hat er in seiner viel beachtete Wutrede zu den teilweise überzogenen Erwartungen in Gladbach mit einem Abschied gedroht: „Ich will mahnen, dass um uns herum Stimmungen entstehen, die auch ich irgendwann nicht mehr aufhalten kann. Und wenn es so weit ist, dann muss ich nach Hause gehen.“ Natürlich wurden diese Sätze in einem Zustand höchster emotionaler Erregung formuliert, aber das „nach Hause gehen“ kann durchaus bedeuten: nach München wechseln.

Denn Eberl wurde in der Jugend des Rekordmeisters ausgebildet, und der Kontakt zu Uli Hoeneß ist nie abgerissen. In Mönchengladbach ist zudem ein Punkt erreicht, an dem die weitere Entwicklung schwierig wird. Er träume vom DFB-Pokalsieg, hat Eberl mal erzählt, ansonsten ist die Qualifikation für die Champions League das höchste realistische Ziel. Und das hat er zuletzt zweimal erreicht. Im Sinne einer persönlichen Weiterentwicklung wäre der Wechsel zu den Bayern ein logischer Schritt, auch wenn das Herz etwas anderes sagt.

Daniel Theweleit