Stabiler Zickzackkurs

Hamburg

Selbst bei den klassischen CDU-Themen innere Sicherheit und Wirtschaft sprechen die Wähler den Sozialdemokraten mehr Kompetenz zu

Das war bitter für die Hamburger CDU: Als auf dem diesjährigen Empfang der Landespressekonferenz ein politischer Jahresrückblick gezeigt wurde, bei dem die Parteien und ihr Personal durch den Kakao gezogen wurden, kam die CDU ohne Blessuren davon. Der einfache Grund: Sie tauchte in dem Filmchen überhaupt nicht auf, anders als alle anderen Parteien. Doch selbst dieser Umstand fiel dem Publikum kaum auf. Die CDU in Hamburg – eine Partei am Rande der Wahrnehmungsschwelle.

Seit ihrer krachenden Niederlage bei der Bürgerschaftswahl 2016, bei der sie mit ihrem Spitzenkandidaten Dietrich Wersich ein noch nie dagewesenes Minimum von 15,9 Prozent einfuhren, versuchen sich Hamburgs Christdemokraten neu zu orientieren und zu organisieren. Das Führungspersonal – Wersich und Parteichef Markus Weinberg – wurde ausgetauscht, der politische Kurs korrigiert. Der neue Parteichef Roland Heintze und Fraktionschef André Trepoll sollen die CDU wieder zurückführen – in Richtung Stammwählerschaft.

Der konsequente Zickzackkurs in den vergangenen Jahren hat die CDU ihrer politischen Identität beraubt – ihr „Markenkern“ ist kaum erkennbar. Liberal unter Ole von Beust, stramm konservativ unter Bürgermeister Christoph Ahlhaus und Parteichef Frank Schira, moderne Großstadtpartei unter Wersich und Weinberg und nun wieder – mit Heintze und Trepoll – gemäßigt konservativ.

Für die CDU ist im Hamburger Parteienspektrum derzeit kein Platz. Bürgermeister Olaf Scholz und seine SPD besetzen die politische Mitte so breit, dass für Trepoll und Co. kaum Spielraum bleibt. Selbst bei den klassischen CDU-Themen innere Sicherheit und Wirtschaft sprechen die Wähler den Sozialdemokraten mehr Kompetenz zu. Und da die rot-grüne Koalition wenig gravierende Fehler macht und aufgrund sprudelnder Steuereinnahmen niemand den Gürtel wirklich enger schnallen muss, bleibt der CDU nur eine kraftlose Botschaft: Es ginge noch etwas besser.

Themen, die sie profilierter besetzt als jede andere Partei, hat die CDU nicht. Jeder Wettlauf mit den Sozialdemokraten gerät zum Hase-und-Igel-Spiel: Die CDU müht sich voranzukommen, doch am Zieleinlauf wartet schon Bürgermeister Scholz und verkündet: „Ick bün al dor!“

Überhaupt Scholz: Gegen das politische Schwergewicht der SPD können Trepoll und Heintze nicht annähernd anstinken. Ihr Bekanntheitsgrad liegt weit unter dem jedes HSV-Reservisten. Denn beide Politiker lassen jegliches Charisma vermissen. Keine eigenen Themen, keine Identität der Partei, kein profiliertes Personal: So bleibt der immer wieder herbeigeredete Aufbruch der CDU ein Treten auf der Stelle. Marco Carini