„Es kann jede treffen“

Ausstellung mit Fotos von obdachlosen Frauen

■ 34, gebürtige Hamburgerin, hat in London Fotografie studiert und arbeitet seit 2008 als selbständige Fotografin.

taz: Frau Kampmeyer, wie sehen obdachlose Frauen aus?

Ann-Kathrin Kampmeyer: Wie alle anderen Frauen auch. Man kann nicht sehen, ob jemand auf der Straße lebt oder nicht. Ich habe 2005 über mehrere Wochen in der Obdachloseneinrichtung Café mit Herz fotografiert und dort viele Männer, aber sehr wenig Frauen kennengelernt. Auch im Stadtbild sind obdachlose Frauen selten – man sieht sie nicht, vielleicht, weil sie besser auf sich achtgeben.

Und Sie wollen diese Unsichtbarkeit dieser Frauen irgendwie sichtbar machen?

Ich will vor allem zeigen, dass es jeden und jede von uns treffen kann. Wir urteilen viel zu schnell nach dem äußeren Erscheinungsbild, ohne genau hinzusehen. Und ich habe mir die Frage gestellt, wie wir urteilen, wenn diese Äußerlichkeiten wegfallen.

Wen haben Sie fotografiert?

Die jüngste Frau ist 18, die älteste 70 Jahre alt und insgesamt habe ich 20 Frauen aus geregelten Verhältnissen fotografiert und sechs Frauen, die auf der Straße leben. Alle ungeschminkt, ohne Schmuck, im weißen Unterhemd vor einer grauen Wand.

Gibt es am Ende der Ausstellung denn des Rätsels Lösung?

Nein, man soll nicht damit belohnt werden, richtig geraten und erkannt zu haben, welche der Frauen keine Wohnung hat. Es gibt keinen Typus Obdachlosigkeit und jeder Mensch verdient es, angeschaut zu werden.

INTERVIEW: ILK

Fotoausstellung „Obdachlosigkeit hat jedes Gesicht“: Gang zum Lichthof im Altbau der Staats- und Universitätsbibliothek, Eintritt frei