Meinungsstark
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Verhöhnung Wolf Biermanns

betr.: „Weltgeschichte im Wohnzimmer“, taz vom 15. 11. 16

Die „Würdigung“ ist meines Erachtens extrem daneben. Aus Sicht von Anja Maier ist Wolf Biermann ein „Hysteriker“ und „Egomane“. Vielleicht sollte sich die Autorin einmal die Frage nach den Gründen stellen, warum Wolf Biermann so emotional im Bundestag reagiert hat. Bis heute verklären nicht wenige Mitglieder der Linken die DDR, SED-Diktatur. Einer notwendigen Erinnerungskultur an die Opfer des Stalinismus wird aus dem Weg gegangen. Wolf Biermann hat alle diese Widersprüche der Linken thematisiert. Statt diese Kritik für einen glaubwürdigen Bruch mit der Vergangenheit zu nutzen, wird Biermann verhöhnt. Markus Erich-Delattre,Hamburg

Abarbeiten an einem „grünen“ Popanz

betr.: „Aufstand der Bedauernswerten“, taz vom 17. 11 16

Zu den Wahlen in den USA ist zwar so gut wie alles gesagt, aber noch nicht von allen. Also muss Jan Feddersen noch einmal alle abgedroschenen Phrasen des Grünen-Bashings durchhecheln. Dass er dabei ausgerechnet Niklas Luhmann, diesen ausgewiesenen Repräsentanten authentischen proletarischen Lebensgefühls, als Zeugen heranzieht, zeigt, mit welcher Oberflächlichkeit hier argumentiert wird.

Ein paar Fakten: Die Wahlbeteiligung lag bei 58,1 Prozent. Von den abgegebenen Stimmen entfiel die (knappe) Mehrheit auf Hilary Clinton. Trump hat seinen Erfolg letzten Endes den Besonderheiten des US-amerikanischen Wahlsystems zu verdanken. Zweifellos lohnt die Frage, weshalb es Clinton nicht gelungen ist, alle Wähler Obamas zu mobilisieren, und Zusammenhänge mit ihrer sozialen Herkunft, ihrer Verflochtenheit mit dem etablierten Politbetrieb und ihrer Nähe zu diversen Skandalen sind nicht von der Hand zu weisen. Als Erklärung für das Wahlergebnis kann das aber nicht ausreichen, wenn man bedenkt, dass sie bei den Wählern mit einem Jahreseinkommen von weniger als 50.000 Dollar deutlich vorne gelegen hat, während die ökonomischen „Eliten“ mehrheitlich für Trump gestimmt haben. Es werden sämtliche Klischees „grünen“ Lebensstils zu einem Schreckensbild missionarischen Eifers zusammengerührt, mit dem angeblich „wir uns das Grauen selbst eingebrockt“ haben. Da darf das Stichwort „politische Korrektheit“ nicht fehlen. Während andernorts die zunehmende Verrohung des Umgangstons beklagt wird, hält Feddersen das Bestehen auf sprachlicher Genauigkeit und einem respektvollen Umgang mit anderen für „Hochmut“. Das schreibt sich leicht aus dem warmen Nest eines Großstadtkiezes. Letzten Endes wird hier die US-Präsidentschaftswahl instrumentalisiert, um sich mit Verallgemeinerungen und Unterstellungen an einem „grünen“ Popanz abzuarbeiten. Eleonore von Oertzen,Hannover