Taxifahrer

WIE MACHEN SIE DAS?

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Seit 16 Jahren ist Abdullah Hadi Taxifahrer und eigentlich viel mehr. Über seine unfreiwillige Nebenbeschäftigung als Zuhörer, Berater und Stimmungspuffer.

taz.am wochenende: Herr Hadi, wie ist es, täglich Leute durch Berlin zu fahren?

Abdullah Hadi: Eigentlich habe ich es satt. Leute steigen ein und laden ihre Probleme ab oder greifen sogar mich an. Ich habe schon alles gehört: „Arschloch“, „Verpiss dich, du Ausländer“. Manchmal schalte ich einfach ab. Nach vier Stunden ist der Akku leer. Nicht der Telefonakku, der innere. Am schlimmsten ist es, wenn Menschen Zeitdruck haben. Der Stress überträgt sich. Und dann ist schlimmstenfalls auch noch Stau.

Wie machen Sie das, mit dem Frust Ihrer Mitfahrer umzugehen?

Jazz! Die Musik ist wie eine Spritze. Ich drehe Jazz Radio auf, und es durchströmt mich wie eine Betäubung. Dann ist alles gut und ruhig.

Was bekommen Sie als Taxifahrer mit, was bewegt Ihre Kundschaft?

Sehr viel. Frauen kommen oft mit ihren Problemen: Der Mann ist weg, arbeitslos, Streit mit sonst wem. Das sind ehrliche Gespräche. Viele setzen sich ins Auto und wollen plötzlich über Gott und die Welt sprechen, dabei spreche ich nicht über Gott. Bei Männern ist es immer leicht, auf ein Gesprächsthema zu kommen. Es geht immer nur um eines: Alkohol und Frauen.

Sind Sie auch Berater?

Manchmal kann ich wirklich weiterhelfen. Einmal wollte sich jemand in meinem Wagen umbringen. Er hat sich aus lauter Verzweiflung die Knarre an den Kopf gehalten und gesagt, er wolle nicht mehr. Ging alles aber noch einmal gut. Am Kottbusser Tor habe ich ihn seiner Mutter überbracht. Sie hat mich tausendmal umarmt und geküsst. So viel Dankbarkeit gibt es selten.

Sie haben ihm das Leben gerettet?

Ja, so könnte man das sagen.

Was haben Sie gemacht?

Nichts, einfach nur zugehört.

Interview: Ann Esswein