Ruandas Hutu-Milizen suchen neues Gesicht

Um Frieden im Ostkongo zu befördern, setzen Diplomaten auf eine neue Führung bei den ruandischen Hutu-Kämpfern

BRÜSSEL taz ■ Nach dem ergebnislosen Verstreichen einer Frist zur friedlichen Repatriierung der ruandischen Hutu-Milizen im Osten der Demokratischen Republik Kongo nach Ruanda hat der UN-Sicherheitsrat eine „verstärkte Zusammenarbeit“ aller Länder der Region gefordert. „Ohne Verzögerung oder Bedingungen“ müssten die Milizen, die teils aus den Tätergruppen des ruandischen Völkermordes 1994 hervorgegangen sind, ihre Waffen niederlegen und friedlich nach Hause gehen, forderte der Sicherheitsrat am Dienstag.

Bereits in der Vorwoche hatte die UN-Mission im Kongo (Monuc) die politisch als „Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas“ (FDLR) bekannten Milizen gewarnt, sie müssten mit Sanktionen rechnen. In einigen Hochburgen der Milizen im Ostkongo, beispielsweise im Nationalpark Kahuzi-Biega mit seinen seltenen Berggorillas, patrouillieren heute UN-Blauhelme.

Der zunehmende Druck auf die Hutu-Milizen verstärkt den internen Streit in der FDLR. Diese ist inzwischen in mehrere Fraktionen zerfallen. Bereits Ende 2004 spaltete sich eine „Sammlung der Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas“ (RFDLR) ab, die Ruander aus dem Norden des Landes vereint. Im Kongo selbst gibt es die so genannten „Rastas“, die im ostkongolesischen Distrikt Walungu blutige Massaker anrichten.

Dieses Jahr spaltete sich auch die Führung der FDLR, nachdem sie Ende März zwar versprach, den bewaffneten Kampf aufzugeben, dies aber nicht umsetzte. Der politische FDLR-Chef Igance Murwanashyaka, der in Deutschland lebt, sowie ihr Militärchef Sylvester Mudacumura wurden im Juni von einer neuen Führungsgarnitur gestürzt: Emmanuel Hakizimana als politischer Chef und Oberstleutnant Christophe Hakizabera sowie General Amani als Militärführer. Sie gelten als Vertreter einer jüngeren Generation unter den ruandischen Hutu-Emigranten im Kongo, die sich anders als die ältere Generation durchaus Perspektiven im Falle einer Rückkehr nach Ruanda vorstellen kann.

In ihren politischen Forderungen – vor allem nach Garantien für eine freie politische Betätigung in Ruanda – unterscheiden sich die alten und neuen Führer nicht wesentlich, ihre Stärkung wird aber von westlichen Diplomaten mit Wohlwollen betrachtet. General Amani gilt als Freund des neuen Präsidenten von Burundi, Pierre Nkurunziza, der früher die burundischen Hutu-Rebellen führte. Da Nkurunziza auch zu Ruandas Regierung gute Beziehungen unterhält, könnte Burundi nun eine Vermittlerrolle einnehmen.

Im Kongo selbst hat Amani rund 100 Kämpfer im Lager Luvungi zusammengezogen, 60 Kilometer südlich der ostkongolesischen Stadt Bukavu, und dieses Lager zum „Pilotprojekt für die friedliche Rückkehr der Flüchtlinge und Exkämpfer“ erklärt. Sie sollen dort Kurse in „Versöhnung“ erhalten, ihre Waffen abgeben und dann über ein UN-Transitlager im Ort Kamanyola nach Ruanda gebracht werden.

Doch dies ist kaum repräsentativ, da die FDLR insgesamt 8.000 bis 15.000 Mann im Kongo unter Waffen hat. Viele von ihnen sind Hardliner, die nach wie vor einen Völkermord an den Tutsi gutheißen. Überlegungen, gegen sie eine internationale Eingreiftruppe nach Ostkongo zu schicken, kommen nicht vom Fleck. FRANÇOIS MISSER