Bosnische Serben stimmen für Polizeireform

Das Serbenparlament verabschiedet das lange umstrittene Gesetz. Damit ist der Weg frei für Gespräche mit der EU

SPLIT taz ■ Im dritten Anlauf hat das Parlament der bosnischen Serben in Banja Luka für das von der EU geforderte Polizeireformgesetz gestimmt. Mit 55 von 75 Stimmen wurde die erforderliche Mehrheit gegen den Widerstand der nationalistischen Extremisten der Radikalen Partei erreicht. Damit ist der wichtigste Stolperstein für Gespräche mit der EU über die Integration des Landes weggeräumt.

Nach der von Österreich betriebenen Entscheidung der EU am Montag, mit Kroatien Verhandlungen über die Integration des Landes zu führen und gleichzeitig mit Serbien und Montenegro in einen ersten Gesprächsprozess zu treten, waren die bosnischen Serben isoliert. Der öffentliche Aufschrei in Sarajevo, die Bevölkerungsmehrheit der Muslime und Kroaten sei Geisel der Blockadepolitik der Serben, zeigte Wirkung. In der in Sarajevo erscheinenden Tageszeitung Dnveni Avaz hieß es, das Land verliere jeden Tag Zeit, nur weil die Serben sich nicht entscheiden könnten, und sei nun in Bezug auf die EU auf der Stufe Weißrusslands angelangt. Mit der Annahme des Gesetzes haben die serbischen Nationalisten ihre letzte Machtbasis verloren.

Nach dem Friedensvertrag von Dayton Ende 1995 wurde das Land in zwei etwa gleich große Entitäten, die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatische Föderation, aufgeteilt. Beide Entitäten verfügen über eigene Parlamente und hatten bisher Befehlsgewalt über eine eigene Armee und Polizei. Der Zentralstaat war im Dayton-Abkommen schwach gehalten. Um aber die Voraussetzungen für den Eintritt in die EU zu erfüllen, forderte die Gemeinschaft eine Stärkung des Gesamtstaates. 2003 wurde eine so genannte Roadmap mit 16 Bedingungen erstellt, deren Kernstück die Reform der Polizei, der Armee und der Medien darstellt. 14 Bedingungen wurden seither von Seiten der Bosnier erfüllt.

Seit im Juli eine gemeinsame Armee gebildet wurde, stand noch die Reform der Polizei und der Medien aus. Die Polizeireform war deshalb besonders brisant, weil sich die Zusammensetzung der neuen Truppe nicht mehr an die Entitätsgrenzen hält. Sie wird so strukturiert, dass in allen Bezirken keine ethnische Gruppe die absolute Kontrolle besitzt. Die Polizei soll professionell geführt und die Gehälter angehoben werden.

Mit der Reform verlieren alle jene nationalistischen Kräfte in den Entitäten an Einfluss, die über ihre Verbindungen zur Polizei illegale Aktivitäten unternahmen. Den zollfreie Schmuggel von Benzin finanzierte zum Beispiel bisher die wichtigste nationalistische Partei der Serben, die „Serbische Demokratische Partei“. Auch die Nationalparteien der Muslime und Kroaten stehen im Verdacht, „ihre“ Polizei für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Mit der Verhaftung des durch Benzinschmuggels zum reichsten Mann der Region aufgestiegenen Momčilo Mandić vor einem Monat wurde den Extremisten und den Mitgliedern des Netzwerkes „Preventive“, das den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadžić unterstützt, ein herber Schlag versetzt. Da die internationale Gemeinschaft zudem alle Konten der SDS-Partei sperrte, war sie seither handlungsunfähig. Bei der noch ausstehenden Medienreform soll den Nationalisten die Kontrolle über die elektronischen Medien entzogen werden.

ERICH RATHFELDER