Der Neue fürs Schloss Bellevue

Nach langer Debatte akzeptiert die Union Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Nachfolger von Joachim Gauck

Alternativlos

Kandidatenkür Merkel akzeptiert den SPD-Vorschlag, weil sie keinen eigenen hat. Die CSU nickt, um die Grünen kleinzuhalten

BERLIN taz | Lieber mit Steinmeier gewinnen, als mit einem anderen Kandidaten zu verlieren. So in etwa darf man sich die Logik vorstellen, nach der Angela Merkel sich entschieden hat. Denn eines ist klar: Dass die Union nun Frank-Walter Steinmeiers Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten unterstützt, ist kein politisches Meisterstück der Regierungschefin. Merkel war schlicht nicht in der Lage gewesen, eine geeignete Kandidatin oder einen Kandidaten zu präsentieren.

Nachdem SPD-Parteichef Sigmar Gabriel Mitte Oktober mit dem Namen Steinmeier unabgesprochen nach vorn geprescht war, war er von CSU-Chef Horst Seehofer und CDU-Chefin Angela Merkel nicht mehr davon abzubringen gewesen. Am Sonntag schließlich gaben sich die beiden geschlagen, am Montag informierten sie ihre Gremien von der Entscheidung. CDU, CSU und SPD verfügen in der Bundesversammlung zusammen über mindestens 928 Stimmen. Für die in den ersten beiden Wahlgängen notwendige absolute Mehrheit sind 631 Stimmen erforderlich.

An diesem Mittwoch wollen die drei Parteichefs ihren gemeinsamen Kandidaten präsentieren. Der Tenor dürfte sein, dass es in Zeiten sich weltweit verschiebender politischer Kräfte eine ausgezeichnete Wahl sei, den respektierten und durchaus beliebten Noch-Außenminister zu unterstützen. Prompt zollte Merkels Vorgänger, Kanzler a. D. Gerhard Schröder, der CDU Respekt, weil sie in unsicheren Zeiten einen verlässlichen Kandidaten ermögliche.

Anders sieht die Sache innerhalb der Union aus. CSU-Chef Horst Seehofer plauderte am Montag genüsslich aus, er habe Steinmeier am Wochenende in München quasi vortanzen lassen, bevor er dem Außenpolitiker und Exvizekanzler sein Placet gegeben habe. Zuvor hatte der CSU-Chef schon den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann trotz persönlicher Sympathie abgelehnt. Begründung: Im sich abzeichnenden Bundestagswahlkampf wollte er eine Aufwertung der Grünen verhindern.

Seehofers Renitenz gegenüber Merkel ging sogar so weit, dass er nicht einmal eine CSU-Frau, die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, unterstützen wollte. Am Mittwoch wird er dann sehr lobende Worte für Steinmeier finden. Nicht wundern, wenn er dann vielleicht gar behauptet, der SPD-Mann werde Bundespräsident von seinen ­Gnaden. Anja Maier