LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Ausgeschlossen

betr.: „Vorreiter eines progressiven Männerlebens?“,taz vom 7. 11. 16

Ihr könnt es vielleicht kaum glauben, aber auch früher gab es „progressive“ Männer.

Nach der Geburt unseres ersten Kindes gingen mein Mann und ich auf Teilzeit und teilten uns fürderhin Erwerbs- und Kinderarbeit. Allerdings hatten wir feste Jobs im öffentlichen Dienst – zwar nicht besonders gut bezahlt, aber das Geld reichte, zumal das in Vor-Mietwucherzeiten war. Elterngeld hätten wir natürlich super gefunden und gönnen es allen jungen Eltern.

Leider kommen nicht alle jungen Eltern in den Genuss des Elterngeldes: Meine Tochter und ihr Mann kommen mit ihrem geringen Lohn so gerade über die Runden. Auf 33 Prozent können sie nicht verzichten.

Die Staffelung des Elterngeldes, bezogen auf den vorherigen Lohn, führt dazu, dass gerade die am meisten bekommen, die zur Not auch ganz ohne Zuschuss vom Staat mal eine Auszeit zugunsten ihrer Kinder nehmen könnten.

Natürlich geht es beim Elterngeld für Väter nicht um Gerechtigkeit zwischen Armen und Nichtarmen, sondern um einen Anreiz zur Bewusstseinsveränderung berufstätiger Väter. Was soll aber ein berufstätiger Vater, der sich die Auszeit für Elterngeld nicht leisten kann, von dieser Motivationspolitik halten, wenn er nach der Arbeit sein Kind vom Kindergarten abholt und mit ihm den Abend verbringt bis zur Schlafenszeit, weil die Mutter bis 20 Uhr in einem Laden Geld verdienen muss?

Ich bitte euch in der taz sehr, in euren Artikeln über politisch initiierte Veränderungen und Fortschritte in der Gesellschaft nie diejenigen zu vergessen, die davon ausgeschlossen werden.

Name und Anschrift sind der Redaktion bekannt

Nikab ist ein Problem

betr.: „Das Detail. Freiheit und Verschleierung“,taz vom 8. 11. 16

Doch, der Nikab ist ein Problem, auch in einer Talkshow. Und dabei meine ich nicht den gesellschaftlichen oder persönlichen Stand der voll verschleierten Frau. Unterdrückung geht auch bei unverschleierten Personen, zum Beispiel Prostituierten.

Was ich meine, ist: Die Unkenntlichmachung von Gesichtern geschieht im hiesigen Kulturbereich lediglich zum Schutz von Personen, die bedroht sind (Zeugen, Informanten), ansonsten sind wir auf Gesichter zur Einschätzung unseres Gegenübers, mit oder ohne Kopftuchrahmen, soziologisch eingestellt. In diesem Sinne „bedroht“ ein Nikab unsere gesellschaftlichen/sozialen Vereinbarungen. Und das ist mal klar zu sagen von öffentlicher Stelle und entsprechend zu gestalten.

Oder scherzhaft, wer Nikab trägt, darf dann auch nicht Auto fahren, unter anderem wegen der Blitzgerätetechnik, die dann versagt. Es gibt auch Regionen, in denen man traditionell nackt geht, wie weit komme ich in Europa nackt außerhalb der Nikab-, äh, FKK-Zone? HENDRIK FLÖTING, Berlin

Gute Lieder im Repertoire

betr.: „Jahrestag. Der von drüben“ (Wolf Biermann),taz vom 7. 11. 16

Leider war ein großer, eigentlich zu erwartender Erfolg nach seiner spektakulären Ausbürgerung aus der (Ex-)DDR nicht eingetreten, obwohl er von den Medien hofiert wurde und gute Lieder im Repertoire hatte. Er hat natürlich, politisch gesehen, eine weiße Weste und brauchte die neue Gauck-Behörde nicht zu scheuen. Leichte Songs waren nie sein Brot. Dennoch wäre er künstlerisch in der Lage gewesen, wenigstens ein paar „eingängige“ neue Songs zu kreieren. Er war fast so bekannt wie Mey und Wader.

Biermann ist übrigens der „Erfinder“ des Begriffs „Liedermacher“, dessen Übersetzung aus dem Englischen sich zumindest in der Vergangenheit hier nie so richtig „einbürgerte“.

GÜNTER SCHULLENBERG, Düsseldorf

Klimaschutz nicht erreichbar

betr.: „Klima zwischen SPD und Union vergiftet“, taz vom 2.11. 16

Es hat den Anschein, dass bei den konträren Interessen der verschiedenen Ressorts der Großen Koalition kein Klimaschutz, der seinen Namen verdienen würde, erreicht werden kann. Die Minister der CSU, die die Ressorts Landwirtschaft und Verkehr verwalten und entsprechend weder den Bauern noch der Automobilindustrie zu nahe treten wollen, und der SPD-Wirtschaftsminister, dem die Kohle heilig ist: Da muss der Klimaschutz auf der Strecke bleiben.

Wenn sich die ehemalige Klimakanzlerin nicht ganz unglaubwürdig machen will, sollte sie schnell von ihrer Richtungskompetenz Gebrauch machen.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Was ist daran noch grün?

betr.: „Verbotene Liebe im Grünen“, taz vom 4. 11. 16

Er hat es schon wieder getan: Kretschmann prescht voran und torpediert alle Versuche, eine breite linke Alternative zur Union aufzubauen.

Wer Angela Merkel als die beste Besetzung für das Kanzleramt lobt, unterstützt damit automatisch die bayerischen Populisten Söder und Seehofer. Was soll daran noch grün sein? Und ich habe keine Wahloption mehr.

Winfried, mir graut vor dir.

KAI HARTMANN, Frankfurt am Main