Michel Aoun heißt der neue Präsident

Libanon Ein politisches Chamäleon tritt das höchste Amt im Staate an. Ein Erfolg für die Hisbollah

BEIRUT dpa/taz | Der Libanon hat nach mehr als zwei Jahren wieder ein Staatsoberhaupt. Das Parlament des Mittelmeerstaates wählte am Montag den christlichen Politiker und Exgeneral Michel Aoun zum Präsidenten. Aoun erhielt allerdings erst im vierten Versuch und nach chaotischen Szenen die erforderliche Mehrheit.

Die Wahl des neuen Präsidenten war zuvor seit Mai 2014 bereits 45 Mal gescheitert, weil sich die Parteien nicht auf einen Kandidaten einigen konnten. Mitte Oktober gab jedoch der sunnitische Expremier Saad Hariri seinen Widerstand gegen Aoun auf. „Meine Entscheidung ist ein großes politisches Risiko“, sagte Hariri. Es soll dabei Teil der Abmachung sein, dass Hariri erneut Ministerpräsident wird.

Aoun leistete unmittelbar nach seiner Wahl den Amtseid. In seiner Rede versprach er, für die nationale Einheit des Landes einzutreten. Sie sei die Basis für die Stabilität und Sicherheit des Libanons.

Ohne Staatsoberhaupt war die Politik des Landes in den vergangenen zweieinhalb Jahren weitestgehend gelähmt. Gleichzeitig leidet der Libanon unter den Auswirkungen des Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien. Mitglieder der Hisbollah kämpfen an der Seite des syrischen Regimes. Nach UN-Angaben leben zudem im Libanon mehr als eine Million syrische Flüchtlinge.

Die Amtszeit von Aouns Vorgänger Michel Suleiman war im Mai 2014 ausgelaufen. Tiefe Gräben zwischen christlichen und muslimischen Politikern verhinderten die Wahl eines neuen Präsidenten. In dem multikonfessionellen Land muss das Staatsoberhaupt immer ein Christ sein, der Premier ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Der 81 oder 83 Jahre alte Aoun gehörte zwischen 1975 und 1990 zu den Hauptakteuren des libanesischen Bürgerkriegs. Damals leistete er Widerstand gegen die syrischen Truppen im Land. 1989 begann Syrien eine Militäroperation gegen sein Hauptquartier in Beirut, die Aoun zur Flucht nach Paris zwang.

Erst nach dem Abzug der syrischen Truppen konnte der maronitische Christ 2005 wieder ins Land zurückkehren. Danach wechselte er die Seiten und verbündete sich mit der Hisbollah, einem der wichtigsten Partner des syrischen Regimes. Unter Christen wurde dieser Schritt Aouns scharf kritisiert.