LeserInnenbriefe
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Die neue FDP

betr.: „Die Steuererhöhungsvermeidungspartei“, taz vom 29./30. 10. 16

Fürwahr ein Teufelskreis! Reden die Grünen über Steuerpolitik, passt es nicht, tun sie es nicht, regen sich alle auf, dass sie keine Gegenfinanzierung anbieten. Warum da vor allem nur die Grünen drunter leiden, ist auch so ein Mysterium, denn die anderen Parteien werden nicht so kritisch beäugt.

Ich habe den Eindruck, dass die Grünen weiter dabei sind, sich als neue FDP zu etablieren, statt sattsam bekannte Ungleichheiten aktiv anzugehen, und dazu gehört nun mal ein extrem unfaires Steuerrecht, eine extrem ungleiche Einkommensverteilung und riesige Finanzierungslöcher in den Haushalten, die nur deshalb nicht auffallen, weil die Probleme in die Zukunft verlagert werden (Kanalmodernisierung, Straßenmodernisierung, Brückenrenovierung, Schulmodernisierung etc.).

Ich verdiene 1.500 Euro im Monat, bin Single, gehöre aber nicht zu der Zielgruppe der Grünen, die vielleicht das 100-Fache verdienen, sich aber als arm ansehen, wenn sie ein paar Euro mehr bezahlen. Ich kenne Leute, die nervt es, wenn bei der Benutzung eines Sessellifts weniger Mehrwertsteuer bezahlt werden muss als für eine Windel. Und wo bleibt der Aufschrei, wenn beim Ehegattensplitting die Geschlechter­ungleichheit beibehalten werden darf? Nun ja, Hauptsache es gibt keine wirklichen Veränderungen in Deutschland …JÖRG WILHELM, Wiesbaden

Skrupel ausgeschaltet

betr.: „Selbst Belgien findet CETA jetzt gut“, „Das Misstrauen ist berechtigt“, taz vom 26. und 28. 10. 16

Es ist zum Heulen – Dutzende von Stellungnahmen und Gutachten, gut recherchiert trotz der Schwierigkeiten, an die Texte zu gelangen, dazu unzählige überzeugende Berichte wie zuletzt wieder der von Ulrike Herrmann („Das Misstrauen ist berechtigt“), Veranstaltungen zum Thema und Massendemonstrationen – alles perlt ab an unserer Regierung wie Wasser an einer Teflonpfanne. Weshalb verschließen die Herren und Damen die Ohren gegen die vielen wohlbegründeten Argumente, die zeigen, dass wir Bürger immer mehr in die Abhängigkeit der internationalen Konzerne geraten, durch die die Umwelt ruiniert, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung untergraben und die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter wird? Sehen sie nicht den sozialen Sprengstoff, den diese Entwicklung birgt? Das Festhalten an Ceta erinnert mich an religiösen Fanatismus, bei dem ebenfalls logisches Denken, Skrupel und Toleranz ausgeschaltet sind. Anita Schwaier,Angermünde

Nicht nur die Wallonen

betr.: „Unverhüllte Drohungen“, taz vom 29./30. 10. 16

Vielen Dank für diese Informationen. Die Behandlung der Wallonnen zeigt endgültig: Alle Lebensbereiche der Europäer sollen so umgestaltet werden, wie das mit der deutschen Landwirtschaft schon gelungen ist. Nämlich den Appetit verekelnd, das Grundwasser verseuchend, den Tierschutz verachtend, Reserveantibiotika tonnenweise, die Bienen vergiftend, kleine und mittlere Betriebe vernichtet. Welcher Unsinn, dass nur die Wallonen dagegen sind. Hermann Karcher, Sankt Augustin

So, das muss mal raus

betr.: „Laut oder Leise“, taz.de/musik-Werbung vom 28. 10. 16

„Laut oder Leise?“, munkelt ihr oben auf Seite 2 und möchtet auf eure Konzerte, Kritiken und Klänge unter taz.de/musik aufmerksam machen. Prima, dachte ich mir und las. Und mir fiel auf, dass ihr dort von etablierten Musikern und Klang-Fricklern schreibt. Immerhin: SängerInnen kommen vor. Das gibt mir doch zu denken. Nix für ungut, aber da solltet gerade ihr genauer sein, denn es gibt auch in eurer Zeitung Artikel über etablierte MusikerInnen und KlangfricklerInnen. So, das musste mal raus. Ansonsten: alles paletti. Barbara Schulz, Hamburg

Schwere Folgen für die Artenvielfalt

betr.: „Endgegner: Neophyten“, taz vom 29./30. 10. 16

In einem glossenartigen Artikel zum Thema Neophyten setzte Carolina Schwarz – wohl unwillentlich – Flüchtlinge und invasive Neophyten gleich, bezeichnete jene, die im Landschaftsschutz an der Verdrängung solcher problematischer Pflanzen arbeiten, als „xenophob“ und setzte sie damit wiederum mit Hetzern gegen Flüchtlinge gleich. Der Artikel zeigt auch, dass die Autorin sich nicht wirklich eingehend mit der Thematik befasst hat, anderenfalls wüsste sie, dass – im Gegensatz zu menschlicher Migration – die Einschleppung von neuen Arten in ein Ökosystem schwere Folgen für die Artenvielfalt und das Überleben ganzer Naturräume haben kann. FLORIAN RECK, Heidelberg-Kirchheim

Ein kleineres Übel?

betr.: „Präsidiale Atombombe“, taz vom 27. 10. 16

Die einzige Macht, die ein(e) US-Präsident(in) wirklich hat, ist die Kriegsmacht. Commander in Chief. In allen anderen Bereichen ist der Einfluss des Kongresses und der Lobby sehr groß und der Druck zur Einigung enorm. Im Gegensatz zu Trump erscheint Clinton von Zeit zu Zeit als überaus risikobereit im Bereich der Außenpolitik, auch was den Einsatz militärischer Mittel anbelangt. Das sollte allen, die sie unterstützen oder als das kleineres Übel betrachten, zu denken geben. Bei den beiden Präsidentschaftskandidaten muss man vor allem eines bedauern: Sie können nicht beide verlieren. Gerd Becker, Lüdinghausen