LeserInnenbriefe
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Übler Witz

betr.: „Für mich ist das absurd“, taz vom 25. 10. 16

Das glaubst ja eigentlich gar nicht. Hauptkommissare, die an der Polizeischule Mitterfelden unterrichten, sind Mitglieder bei den Reichsbürgern, und ein begabter junger Mann, Kerem Schamberger, Mitglied der DKP und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, darf nicht seine Doktorandenstelle antreten, weil die Vereinigung vom Verfassungsschutz, vom bayerischen Verfassungsschutz, beobachtet wird. Das könnte man jetzt eigentlich als üblen Witz betrachten, wenn es in der jungen und alten Geschichte nicht so tragisch und erschütternd wäre.

Ist nicht gerade ein Polizist von einem Reichsbürger ermordet worden und sind nicht Millionen vom Naziregime verfolgt und ermordet worden? Da, könnte man meinen, hat der bayerische Verfassungsschutz Geschichtsbücher und die richtigen gelesen und ist er mit aktuellen Nachrichten versorgt. Ich schäme mich für so einen Schutz der Verfassung.

Lasst den jungen Mann seine Arbeit machen, Herrgott!

CLAUDIA RIEG-APPLESON, München

Kein sicheres Herkunftsland

betr.: „Für mich ist das absurd“, taz vom 25. 10. 16

Ist Bayern ein sicheres Herkunftsland? Diese Frage muss mit einem klaren Nein beantwortet werden!

Während Intellektuelle ob der Einstufung der Maghreb-Staaten als eben solche Herkunftsländer jammern, lebt der Geist der Gesinnungsschnüffelei der 70er munter fort, ohne dass auch nur einer die Stimme erhebt. Aber auch der Interviewer ist nicht ganz frei von Vorbehalten!

Wie sonst soll seine Frage verstanden werden, wie Schamberger es denn mit der Tatsache halte, dass die DKP die stalinistischen Verbrechen nie verurteilt habe? Er könnte Bayern ja verlassen, vielleicht besser gleich Deutschland?

Mit solchen Fragen wird kein System angeprangert, sondern werden bestehende Unfreiheiten weiter bestätigt.

THOMAS SCHWARZ, Riegelsberg

Die Zukunft liegt vor uns

betr.: „Gutes Timing für Reparationen“, taz vom 24. 10. 16

Mitte des 18. Jahrhunderts wanderten von Nordosten die Herero und von Südwesten die Nama in das heutige Namibia ein, welches von den Buschleuten ursprünglich bewohnt wurde. Sowohl die Herero als auch die Nama verdrängten die Ureinwohner aus den gleichen Gründen wie ab 1884 die Deutschen die Herero und Nama. Wurden die Buschleute entschädigt? Dieser Prozess wiederholte und wiederholt sich überall auf der Welt. Reparationszahlungen sind vollkommen fehl am Platze, weil sie das Unrecht im Nachhinein legitimieren.

Auf der einen Seite ist es richtig, historische Fehler aufzuarbeiten, zu beschreiben und zu dokumentieren. Die Zukunft liegt aber noch vor uns und kann von uns aktiv gestaltet werden. Lasst Sie uns gestalten, lasst uns Brücken bauen! Der heutige Genozid in Afrika läuft nicht mehr nach dem Schema „Weißer Mann erschießt schwarzen Mann“, sondern wir bezahlen blutrünstige schwarze Despoten und kleptomanische schwarze Diktatoren, um billigst an die Ressourcen zu kommen und unsere Hände in Unschuld zu waschen. Handeln wir fair, bezahlen gerecht, tauschen auf Augenhöhe Waren und Informationen aus.

ARNE MATSCHINSKY, Hamburg

Neues Spekulationsmodell

betr.: „Kampf um Krebsmedikamente“, taz vom 19. 10. 16

„Wir wissen um das Leid der Patienten und müssen gleichzeitig abwägen, zu welchem Preis wir einen Marktverbleib ermöglichen können.“ Genau das ist das Problem. AstraZeneca, so meine Vermutung, droht mit dem Marktentzug wohl deshalb, weil Deutschland als Referenzland für die Preise anderer Länder gilt. Ein relativ niedriger Preis hier würde die maximale Rendite – und darum geht es – mindern.

Die Preise für neue Arzneimittel haben sich inzwischen völlig von den Kosten für Forschung, Entwicklung und Produktion abgekoppelt. Mondpreise werden primär bestimmt durch die Bereitschaft der Gesellschaft, zu zahlen, die mit dem Leid der Patienten in Geiselhaft genommen wird. Ursächlich dafür sind die zeitlich begrenzten staatlich garantierten Monopole ­(Patente). Damit sind lebenswichtige Medikamente nicht mehr für alle zugänglich, und diese Preise drohen über kurz oder lang die Gesundheitssysteme, selbst in den reichen Ländern, zu sprengen. Warum legen die Hersteller ihre Entwicklungskosten nicht offen? Dann könnte man auf dieser Basis den Preis verhandeln.

Das ist das zunehmend neue Spekulationsmodell von Big Pharma. Monopoly um den Preis des Lebens. Diesen Kontext hätte die Autorin zumindest aufzeigen müssen.

DIETER LEHMKUHL, Arzt, Berlin

Simpel aus dem Amt loben?

betr.: „Einer für alle ist Illusion“, taz vom 25. 10. 16

Warum diskutiert die taz, wie auch viele andere Medien, Herrn Steinmeier als Bundespräsidenten, wo dieser am letzten Samstag im TV-Interview für mich sehr eindeutig mitteilte, dass die ­aktuellen Krisen in Syrien und der Ukraine seine aktuellen und auch künftigen Präferenzen seien.

Ist es abwegig, anzunehmen, dass Steinmeier, der weniger die US-Positionen vertritt als die Kanzlerin, ganz simpel aus dem Amt gelobt werden soll?

GÖTZ NIEMANN, Rensburg