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: Ganz wie früher

Das Interesse für die PR-Gags rund um die Nationalmannschaft lässt nach. Auch wenn es Klinsmann nicht gefällt: Die Wahrheit wird wieder auf dem Platz gesucht

Es wurde wieder einmal beinahe alles versucht, um unter Beweis zu stellen, dass ein neuer Wind weht in der Nationalmannschaft. Doch so recht hat sich niemand interessiert für die Mätzchen, die Trainerstab und Management in dieser Woche veranstaltet haben. Keiner hat sich mehr lustig gemacht über die ulkigen Übungen der US-Fitnesspäpste. Zum Pressegespräch im Hamburger Literaturhaus sind zwar jede Menge Medienvertreter erschienen. Doch über das Ambiente, darüber, dass die Trainer ausgerechnet zum Talk in den schicken Räumen des Literaturtempels im Trainingsanzug aufgelaufen sind, wurde weniger berichtet als über die Inhalte der Gespräche. Die deutsche Sportöffentlichkeit hat ihr Zutrauen verloren darin, dass alles gut wird, weil im Umfeld vieles anders gemacht wird. Es geht wieder um den Sport. Es geht um die Leistungen der Spieler auf dem Feld, nicht um ihre Highscores an der Playstation.

Es wird festgestellt, dass Klinsmann nun doch nicht festhalten will an seiner Vorgabe, dass nur Spieler zur WM eingeladen werden, die in ihren Vereinen Stammspieler sind. Mit einem Mal wird beobachtet, dass die Trainer mit zweierlei Maß messen. Während Ergänzungsspieler Robert Huth geraten wird, sich einen Club zu suchen, der ihm einen Stammplatz garantiert, gibt es kaum Zweifel an der WM-Tauglichkeit des Ersatzbankdrückers Sebastian Deisler.

Dass Extremkletterer Stefan Glowacz vor den Kickern über seine schwierigsten Expeditionen gesprochen hat, wurde nur noch am Rande erwähnt. Dass Reinhold Messner sich daraufhin angeboten hat, der Nationalmannschaft helfen zu wollen, ging gänzlich unter. Die Probleme in der Innenverteidigung wird der Bergfex mit einem Besuch beim Team wohl nicht lösen können. Die Wahrheit liegt seit neuestem wieder auf dem Platz. Und da kann Messner dem Bundestrainer sowieso nicht helfen – als Italiener.

ANDREAS RÜTTENAUER