Lesen im Lichtkubus

BÜCHER Ab Montag wird der neue Lesesaal der Stabi Unter den Linden mit 127.000 Büchern bestückt – Eröffnung im März

VON JULIA AMBERGER

Im neuen Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden „soll man sich fühlen wie in einem Buch“, sagt der Architekt H.G. Merz. Ein gläserner Kubus bildet die Außenhülle des Saals, mehrere Schichten von Glasplatten lassen gedämpftes Licht hineinfallen. Innen sind die Wände mit Holz vertäfelt, „eine Reminiszenz an die alten Lesesäle im Haus“, so der Architekt.

Zweimal wurde der Termin bereits verschoben, am Montag ist es nun soweit: Merz wird den Schlüssel an den Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, und die Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, Barbara Schneider-Kempf, übergeben. Dann können die Bibliothekare damit beginnen, die Bestände der größten wissenschaftlichen Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum wieder einzusortieren.

Die Staatsbibliothek entwickelte sich bereits Anfang der 20. Jahrhunderts zu einer der bedeutendsten wissenschaftlichen Bibliotheken der Welt. 1914 wurde der Kuppelsaal des Architekten Ernst von Ihne eröffnet, im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bomben das Gebäude in Mitte. 1977 wurde deshalb dessen Herzstück, der sogenannte Allgemeine Lesesaal, ganz abgerissen. 2000 wurde die Gestaltung des Saals international neu ausgeschrieben; das Architektenbüro um H. G. Merz aus Stuttgart entschied den Wettbewerb für sich. Eigentlich hätte das Gebäude bereits zum 350-jährigen Jubiläum der Staatsbibliothek letztes Jahr fertig sein sollen. Nach achteinhalbjähriger Bauzeit ist der erste Bauabschnitt der größten Kulturbaustelle des Bundes nun abgeschlossen.

406 Millionen Euro

Die Baustelle an sich bleibt jedoch bestehen: Die Generalsanierung der Staatsbibliothek im Haus Unter den Linden wird noch bis 2016 dauern und insgesamt mehr als 406 Millionen Euro kosten – mehr als die Hälfte des Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses. Bezahlt wird das Ganze vom Bund. Neben dem Haus Unter den Linden mit einer Nutzfläche von 52.500 Quadratmetern hat die Bibliothek einen weiteren Standort in der Potsdamer Straße mit einer Nutzfläche von knapp 80.000 Quadratmetern. Im ehemaligen Getreidespeicher am Westhafen befindet sich zudem die Kinder- und Jugendbuchabteilung; ein weiteres Speichermagazin in Friedrichshagen wird seit 2009 gebaut.

250 Plätze mit Internetanschluss bietet der neue Lesesaal künftig, 127.000 Bände werden in den Regalen stehen. Würde man die Bücher aus den Regalen nehmen und aneinanderlegen, würden sie mehr als zwei Kilometer von der Staatsbibliothek bis hinter den Fernsehturm reichen. In zwei Tresorräumen unter dem Lesesaal gibt es zudem Platz für besonders schützenswerte Bände.

Dazu zählen etwa die Partituren von Beethovens Sinfonien Nr. 4, 5, 8 und 9. Die Staatsbibliothek beherbergt 80 Prozent aller Musikautografe von Johann Sebastian Bach und die größte Mozartsammlung weltweit. Zu den größten Highlights zählt zudem eines der ersten mit beweglichen Lettern gedruckten Bücher: die Gutenberg-Bibel.

Ab März 2013 können BesucherInnen an langen Holztischen mit filigranen Lampen lesen – und von außen wird der Lesesaal wie ein leuchtender Glaswürfel aussehen.