Wellness-Termin für den Regierenden

KLAUS SPIELT NIKOLAUS

Wowereit ist weiterhin der unbeliebteste aller Regierungschefs der Länder

Große Tische, über 100 Kinder, von denen immer drei oder noch mehr gleich aussehen. Es ist eine Nikolausfeier der besonderen Art in der vierten Etage des Technikmuseums in Kreuzberg. Gleich soll der Regierende Bürgermeister vorbeikommen. Klaus Wowereit ist Patenonkel von 122 Mehrlingen, 2003 hat er die Aktion gestartet.

Er kommt fast pünktlich von der Ministerpräsidentenkonferenz, aber ein bisschen schwerfällig in den Raum. Der Tag hat schlecht begonnen für ihn, er war eigentlich schon nach dem Blick in die Morgenzeitungen im Eimer. „Sprechen Sie ihn bloß nicht auf die neue Umfrage an“, rät ein Mitarbeiter aus dem Roten Rathaus. Wieder ist der Regierende in der Beliebtheitsabfrage von Morgenpost und RBB abgerutscht, Wowereit bleibt der unbeliebteste aller Regierungschefs der Länder – er, der vor etwas mehr als einem Jahr die Abgeordnetenhauswahl für die SPD fast allein wegen seiner Popularität gewann.

Wowereit scheint den Nikolaustermin dennoch zu genießen. Mal keine neue Panne am Flughafen, keine kritischen Journalisten, keine SPD-Fraktion, die ihm selbst zusammengebastelte Gesetzentwürfe vor den Latz knallt. Als Assistent des Nikolauses – sein Kulturstaatssekretär André Schmitz in blauer Robe und Bischofsmütze – hebt er drei, vier Kinder zu ihm hoch und wieder runter, geht später ruhig durch den Saal von Familie zu Familie. An jeden Tisch will er kommen, hat er hoch und heilig versprochen. Wowereit mag so was. Das beste Wahlplakat des vergangenen Jahres entstand bei einem Besuch in einer Kita: Darauf zwickt ihn ein kleines Mädchen mit einer Krokodil-Handpuppe in die Nase – und Beteiligte schwören Stein und Bein, das Foto sei nicht gestellt gewesen.

Es ist wie ein Auftanken für ihn – mal was Schönes machen. Er hat vergangene Woche noch betont, er könne nicht nur einstecken, sondern auch austeilen. Vom Rücktritt sieht er sich ohnehin weit entfernt. Den Kindern verspricht er zumindest, sie würden von ihrem Patenonkel zur Weihnachtsfeier eingeladen, bis sie 18 sind. Und das sind ja noch einige Jährchen. STEFAN ALBERTI