Regierung will Bürger ein wenig entlasten

Steuern Das Bundeskabinett beschließt, Freibeträge und Kindergeld anzuheben

„Die Reform kommt nicht bei denen an, die sie brauchen“

Kerstin Andreae, Grüne

BERLIN taz | Dank sprudelnder Steuereinnahmen ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für seine Verhältnisse großzügig. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett eine kleine Steuerentlastung zugunsten der Bürger im Umfang von 6,3 Milliarden Euro. Außerdem bietet Schäuble den Ländern 8,5 Milliarden Euro jährlich an, um den Länderfinanzausgleich neu zu regeln.

In den Jahren 2017 und 2018 sollen die Freibeträge beim Einkommen steigen, für die man keine Steuern zahlen muss. Der Grundfreibetrag wächst nächstes Jahr pro Kopf um 168 Euro auf 8.820 Euro, 2018 um weitere 180 Euro. Parallel dazu werden die Kinderfreibeträge angehoben.

Zu Verbesserungen in dieser Größenordnung ist die Regierung verpflichtet, weil sie das Existenzminimum für arme Leute steuerfrei stellen muss. Mit der Inflation rutscht die Grenze weiter nach oben. Um die Balance zu wahren, will die große Koalition gleichzeitig auch das Kindergeld um jeweils 2 Euro anheben.

Außerdem will man den Steuertarif leicht verbessern und die Wirkung der sogenannten kalten Progression ausgleichen. Eine alleinstehende Person ohne Kinder mit geringem Einkommen hat durch die Maßnahmen im ersten Jahr 24 Euro mehr zur Verfügung, im zweiten 26 Euro zusätzlich. Bei höheren Verdiensten steigt die Entlastung bis auf 300 Euro jährlich.

„Schäubles Placeboreform kommt nicht bei denen an, die sie brauchen“, kritisierte die grüne Fraktionsvorsitzende Kerstin Andreae. „Geringverdienende profitieren nicht, weil sie keine Steuern zahlen.“ Sinnvoller sei eine gezielte Entlastung über die Sozialversicherungsbeiträge, so Andreae.

In den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich, die am Donnerstagmittag in Berlin beginnen, haben sich die Positionen angenähert. In dem Verfahren werden Milliarden Euro von reichen Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zu armen wie Berlin, Mecklenburg-Vorpommern oder Bremen umverteilt. Die bisherige Regelung läuft Ende 2019 aus. Während Schäuble 8,5 Milliarden Euro zusätzlich und jährlich aus den Mitteln des Bundes bietet, verlangen die Länder 9,65 Milliarden.

Der Finanzminister schlägt vor, den sogenannten Umsatzsteuervorwegausgleich zu verändern, bei dem Steuereinnahmen der Länder rechnerisch umverteilt werden. Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen könnten dann mehr Geld behalten. Hannes Koch