Besuch im anderen Deutschland

Rechte Am vergangenen Wochenende beschrieb die aus einer jüdisch-russischen Familie stammende Schriftstellerin Lena Gorelik eine Fahrt ins sächsische Döbeln – die bei ihr den Wunsch auslöste, schnell wieder abzureisen

Wie schlimm ist Döbeln wirklich? Sehen Sie selbst! Foto: dpa

Insel der Seligen

betr.: „Die andere Seite von Deutschland“, taz.nord vom 1./2./3. 10. 16

Ich verstehe ja, dass man dieses Drama inszenieren kann, dass Deutschland so irre ausländerfeindlich ist. Man findet da sicher auch ein Publikum für, das genau das hören will. Ich habe da in den 90ern auch gedacht, als so laut vor der Gefahr von rechts gewarnt wurde wie in den 80ern vor dem Waldsterben.

Aber ich glaube das stimmt nicht. Wer schon mal im Ausland war, der wähnt sich in unserem Lande auf einer Insel der Seligen. Dafür sprechen auch die Zahlen. Es gibt Millionen Menschen in unserem Lande, die anderswo geboren sind, und das funktioniert fast spannungsfrei. ANSGAR REB, taz.de

Nicht unbedingt

betr.: „Die andere Seite von Deutschland“, taz.nord vom 1./2./3. 10. 16

@Ansgar Reb Wer schon mal in Sachsen war und das vielleicht auch länger, wähnt sich nicht unbedingt „auf einer Insel der Seligen“.

HANNE, taz.de

Wie früher die CDU

betr.: „Die andere Seite von Deutschland“, taz.nord vom 1./2./3. 10. 16

@Hanne Insel der Seligen? Ja!

Die AfD ist ungefähr auf dem Niveau wie früher immer die CDU, mit dem Unterschied, dass es damals noch ein breites Altnazimilieu gab. Gauland war doch CDU. Selbst jemand wie Kanther oder Wörner, die wären doch schon viel zu rechts für die AfD. Es gab mal Zeiten, da war Steinbach nicht ein Fossil in der CDU, sondern eine Forelle. Auf CDU-Dorffesten war es mal normal, dass irgendwann spät am Abend das Horst-Wessel-Lied angestimmt wurde. So etwas wäre heute bei der AfD undenkbar und wird es auch bleiben. Mit der Verteufelung und tendenziöser Berichterstattung, gegen die selbst der kreuzbrave Lucke nicht immun war, bewirkt man eine Immunisierung der AfD gegen Kritik aus den Medien. ANSGAR REB, taz.de

Woll‘n wir nicht

betr.: „Die andere Seite von Deutschland“, taz.nord vom 1./2./3. 10. 16

„In Döbeln ist der Rechtsruck, der hier […] ein Zustand [ist], sofort zu sehen“, informiert uns Lena Gorelik. Und nun? Atombombe drauf und gut? Oder doch wenigstens ne Mauer drum? So haben wir es doch gelernt, nicht wahr, vor mehr als 25 Jahren: Wer nicht wie wir ist, ist ein Feind und muss vernichtet werden oder ausgegrenzt. Der Eiserne Vorhang existiert noch immer. In uns. Wir schaffen das – nicht. Weil: Keine Angst zu haben, sondern irgendjemanden zu bekämpfen, macht offenbar in vielen Lebensphasen „Spaß“. Ob wir auf Deutsch oder auf Russisch zählen, ist ziemlich egal.

Lena Gorelik schreibt, sie hätte sich „nach der Lesung […] noch am selben Abend in den Zug nach Berlin“ gesetzt. Weil sie sich in Döbeln nicht wohlgefühlt hat. Nicht einmal unter Leuten, die „so aus[sehen], wie man sie sich vorstellt“. Ob das „Unwohlsein einer provinziellen Trostlosigkeit, unbestimmten Ängsten, aufgemalten Parolen oder einer Tatsächlichkeit geschuldet ist“, weiß sie angeblich nicht. Ich hoffe sehr, sie findet’s raus. Nicht, dass es aus Versehen ihre Vergangenheit war – oder die vielen Warnungen.

Übrigens: Die „Wir sind das Volk“-Gröhler sind noch (beinah) dieselben. MOWGLI, taz.de

Wirklich larmoyant

betr.: „Die andere Seite von Deutschland“, taz.nord vom 1./2./3. 10. 16

„Diese Menschen fahren alle in den Osten, und ich weiß nicht, ob ich sie warnen soll: Sie sind dort nicht willkommen und nicht gewollt.“

Aus Dresden hauen zwar immer mehr (gebildete) Migranten ab, aber nach Leipzig kommen sie trotzdem und sie können sich hier auch sicher fühlen

In diesem Text bekommt die Angst für mich entschieden zu viel Raum, denn sie führt am Ende nur dazu, dass diese Räume den Rechten überlassen werden.

Als ich als Leipziger das erste Mal in Dortmund war, war ich entsetzt, wie offen die rechtsradikale Szene dort agieren konnte und dass überall in der Fußgängerzone Nazi-Aufkleber hingen. Da haben noch nicht einmal die Deutsch-Türken die Aufkleber abgemacht, so sehr Alltag war das. Das kam mir vor wie im sächsischen Umland, nur dass es dort keine Deutsch-Türken gibt.

HANNIBAL CORPSE, taz.de