DIE WORTKUNDE
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Wir leben, so hat es die Kanzlerin vergangene Woche gesagt, in „postfaktischen Zeiten“: Menschen interessieren sich nicht mehr für Inhalte, sondern nur noch für Gefühle. Nun sind die Zeiten aber nicht nur postfaktisch, sie sind auch postlangsam und postverständlich. Politische Botschaften müssen sich heute einfach und schnell transportieren lassen, zur Not in 140 Zeichen, twitterkompatibel. So wurde 2013 die GroKo geboren, die Große Koalition, und vor einigen Monaten R2G, also Rot-Rot-Grün. Aus der Familie der kommunikationsfreundlichen Abkürzungen stammt nun auch der Ükoka, der „überparteiliche Kompromisskandidat“: ein Mensch – gern weiblich –, auf den sich möglichst viele Fraktionen, mindestens aber CDU, CSU und SPD einigen können, wenn im kommenden Frühjahr eine neue Bundespräsidentin gewählt wird.

Den Kompromiss bezeichnet der Duden als eine „Übereinkunft durch gegenseitige Zugeständnisse“, überparteilich meint „in seinen Ansichten über den Parteien stehend“. Die GroKo sucht nun also nach einem oder einer, der oder die von Harmonie und Frieden getragen wird. Das Problem ist nur: Nichts von beidem haben SPD, CDU und CSU in den vergangenen Monaten erkennen lassen. Wieso sollten sie es jetzt, ausgerechnet bei der Suche nach einem BuPrä tun? Und so scheint, berichtet der Spiegel, ein neuer Ükoka nicht in Sicht – und das trotz dieses glänzend erdachten Marketingtitels. Der eine, auf den sich alle hätten festlegen können, Bundesverfassungsgerichtspräsident An­dreas Voßkuhle soll laut Spiegelschon abgelehnt haben.

Das wiederum könnte es einem Breilibü leichter machen, also einem, auf den sich ein „breites Linksbündnis“ aus SPD, Linken und Grünen einigen könnte. Dieser wäre mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 besonders delikat: Wo ja schon bald der Berliner Senat den Weg für R2G ebnen könnte, welche GroKo-Sprengkraft hätte dann erst ein Breilibü?

In Hinblick auf Harmonie und Frieden hätte es der Breilibü sicher auch einfacher, klingt er doch – Stichwort: postfaktische Zeit, Gefühle und so – nach Bullerbü.

Wohingegen sein Konkurrent, der Ükoka, irgendwie eher an Kokain denken lässt, an Überanstrengung und Ü30-, Ü40-, Ü50-Wahnsinn. afro