„Intra muss weg!“

Von wegen gute Nachbarschaft: Streit zwischen Bremen und Stuhr eskaliert. Stuhr ist jetzt aus der Regionalplanung ausgestiegen

Bremen taz ■ In Brüssel denkt man Politik schon seit langem nur noch in „Regionen“. In und um Bremen hat man damit seine Probleme. Die gemeinsame Regionalplanung zwischen Bremen und mehr als 30 niedersächsischen Kommunen ist kaum ein Jahr alt, da ist sie schon wieder am Ende: Soeben ist Bremens südliche Nachbargemeinde Stuhr aus dem so genannten „Intra-Prozess“ ausgestiegen. Weder in Bremen noch in Stuhr wagt noch jemand, von „vertrauensvoller Zusammenarbeit“ zu sprechen. Zuvor waren die Gespräche über ein gemeinsames Gewerbegebiet gescheitert.

Stuhrs Bürgermeister Cord Bockhop (CDU) meldete sich am Freitag mit heftigen Vorwürfen an die Bremer Politik zu Wort. „Wir wollen nicht, dass Bremen uns immer in die Suppe spuckt“, begründete Bockhop die Entscheidung Stuhrs den Intra-Ausstieg. Die Kooperation sei ein „reiner Papiertiger“, den niemand ernst nehme. Stuhr habe nur den Anfang vom Ende gemacht, sagt Bockhop. Auch andere Umlandgemeinden dächten an Ausstieg. „Intra muss weg, damit die Region leben kann.“

Die bremische Baubehörde sieht das ganz anders. Der Ausstieg Stuhrs sei zwar „bedauerlich“, sagte Ressortsprecher Holger Bruns, bedeute aber keineswegs das Ende der gemeinsamen Regionalplanung. „Es besteht ein großes Bedürfnis nach Kooperation.“ Zwar bestehe Intra bis heute im wesentlichen aus einer „Vielzahl von Absichtserklärungen“. Doch wer von einem Papiertiger spreche, der werde dem Projekt „nicht gerecht“.

Offiziellen Anlass des Streits zwischen Bremen und Stuhr sind mögliche Einzelhandelsflächen in Brinkum-Nord. Stuhr habe darauf beharrt, auch in einem interkommunalen Gewerbegebiet „erhebliche zusätzliche Einzelhandelsflächen“ jeder Art auszuweisen, heißt es aus Bremen. Das Bauressort will in Stuhr nur „Arrondierungen“ bestehender Einzelhändler zulassen. Die Behörde verweist dabei auf die Konkurrenz zu bereits bestehenden Einzelhandelsprojekten wie dem Roland Center, dem Hansa oder dem Werder Carrée.

In Stuhr wehrt man sich vor allem gegen die Einstufung als „Grundzentrum“. Begriffe wie Grund, Mittel- und Oberzentrum seien „überholt“, sagen die Parteien in Stuhr – und verweisen auf die „Metropolregion“ Bremen. Regionales Denken werde zwar in Bremen „immer wieder“ gefordert, in der Diskussion jedoch zur „inhaltlosen Hülse degradiert“, schimpft Bockhop. Bremen habe das Entstehen neuer Einzelhandelsflächen im eigenen Stadtgebiet „mit großen Summen“ gefördert – und in Stuhr „vehement bekämpft“.

„Es drängt sich der Eindruck auf, dass Bremen nicht an einer wirtschaftlich starken Region interessiert ist“, heißt es in einem von CDU, SPD, Grünen, FDP und dem Stuhrer Bürgermeister Cord Bockhop (CDU) unterzeichneten Papier.

Statt auf Kooperation setzt Stuhr jetzt auf Eigeninitiative: „Wir ziehen unser Ding jetzt alleine durch“, sagt Bockhop. In Bremen sieht man das gelassen – und droht mit weiteren Klagen. Derzeit warten die Kontrahenten auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, das über ein geplantes Einkaufszentrum in Brinkum-Nord entscheidet. Das Eilverfahren wird erst nach den Herbstferien aufgenommen. Jan Zier