Bundesliga Nach einem Sieg in der Europa League über RB Salzburg will der Tabellenletzte aus Gelsenkirchen gegen Mönchengladbach endlich punkten. Und muss es auch
: „Wir reden immer noch über Schalke“

Steht das königsblaue Wasser bis zum Hals: Markus Weinzierl Foto: Schmülgen/reuters

Aus Gelsenkirchen Andreas Morbach

Benedikt Höwedes musste selbst schmunzeln, als er nach dem 3:1 gegen Salzburg über die zwei letzten Schalker Treffer sprach. Die Genese der beiden königsblauen Glücksmomente entsprach dabei perfekt den jüngsten Wirrungen auf Schalke: Zunächst lenkte der kroatische Verteidiger mit dem hollywoodreifen Namen Duje Carleta-Car eine Flanke von Höwedes auf groteske Weise ins eigene Tor. Dann veranstaltete die Uefa ein bizarres Hin und Her, ehe sie das eindeutig von Innenverteidiger Naldo erzielte 3:0 als Tatsachenentscheidung des Referees dem Außenverteidiger Höwedes zusprach.

„Es spielt doch keine Rolle, wer den Treffer gutgeschrieben bekommt. Entscheidend ist, dass wir Engagement gezeigt und gewonnen haben“, kommentierte Höwedes den kleinen Befreiungsschlag gegen die braven Österreicher – der am Sonntag nach dem Besuch der deutlich gefährlicheren Gladbacher in Gelsenkirchen schon wieder null und nichtig sein könnte.

Dessen ist sich auch Markus Weinzierl bewusst. Als neuer Trainer hat er – einmalig in der Schalker Historie – die ersten fünf Bundesligaspiele verloren. Punktspiel Nummer sechs steigt nun, dramaturgisch interessant, gegen den Verein, der in der Vorsaison ebenfalls die ersten fünf Partien vergeigte. Und anschließend einen neuen Trainer präsentierte. Lucien Favres Rücktritt traf Gladbachs Sportdirektor Max Eberl bis ins Mark – denn nicht zuletzt dank der Konstanz auf dem Trainerstuhl war der Beinaheabsteiger von 2011 in der Folge einmal fast und einmal tatsächlich in die Cham­pions League eingezogen.

Bei den theoretischen Zielen liegen die beiden Klubs inzwischen nahe beieinander. „Sie haben fünfmal in der Bundesliga verloren, werden aber alles in die Waagschale werfen, um diese Serie zu beenden. Diese Qualität haben sie auch. Wir reden immer noch über Schalke 04, das für sich die Ambitionen hat, Champions League spielen zu wollen“, sagt Eberl.

Nicht ohne Grund machte das Schalker Urgestein Höwedes eine säuerliche Miene, als Übungsleiter André Breitenreiter im Sommer nach nur einem Jahr und immerhin Tabellenplatz fünf schon wieder gehen musste. „Breitenreiter hat hier einen guten Job gemacht und die Mannschaft auch nach vorne gebracht“, betonte der Nationalspieler. Zu der Trainerentlassung meinte er nur spitz: „Auf der Seite, die sie getroffen hat, wird es Gründe dafür geben.“

Dass das Malochertum fehlt, war in den ­letzten Wochen auf Schalke ein ­großes Thema

Es sollte eben ein kompletter Neuanfang werden auf dem Berger Feld – mit frischem Manager plus Traineraustausch. Für Breitenreiter kam Weinzierl, in der Führungsetage ersetzte Christian Heidel den Manager Horst Heldt. Es glückten zwei Auftaktsiege in der Europa League, der Start in der Liga jedoch ging derart daneben, wie es sich keiner im Reformklub Schalke je ausgemalt hätte. „Leider gibt es die Punkte nur in der Europa League, nicht in der Bundesliga“, seufzte Markus Weinzierl nach dem Erfolgserlebnis gegen Salzburg – und Leon Goretzka, Schütze des 1:0, sagte: „Wir hoffen, dass wir mit diesem Spiel den Bock umstoßen konnten.“

Dass das Malochertum fehlt, war in den komplizierten letzten Wochen ein großes Thema auf Schalke. Mal wurde geackert, dann wieder nicht – ein Auf und Ab, wie es bei einem runderneuerten Team eben so ist. Dass diese Mannschaft nach dem frühen Transfer von Naldo (Mitte Mai) auf strategisch wichtigen Positionen erst Ende August komplett war, ist ein Grund für den problematischen Saisonstart. Und eine Hypothek im frühen Schaffen von Christian Heidel in Gelsenkirchen.

Manch einer vermutet schon, dass der Revierklub für das neue Führungsduo, das zuvor in Mainz und Augsburg reüssierte, eine Nummer zu groß ist. Bei einer weiteren Niederlage gegen Gladbach wird die Aufregung im bislang ungewöhnlich besonnenen Schalker Umfeld wachsen. Dem Vernehmen nach soll Weinzierl aber selbst nach einem halben Dutzend Niederlagen unbehelligt weiterarbeiten dürfen. Von Neuanfängen haben sie schließlich selbst in Gelsenkirchen gerade genug. Und in diesem speziellen Fall dient neben Wochenendbesuch Mönchengladbach sogar der ungeliebte Nachbar Borussia Dortmund als Vorbild.